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Schriftenmission-Langenberg.deZu den Urquellen des paulinischen Schrifttums
Einige Begriffe zum Probelesen
Hinweis zum Gottesnamen "Jehova"
VorwortHeinrich Langenberg (1876 – 1972) war ein Mann des biblischen Wortes; er lebte darin. Als gründlicher Kenner der biblischen Ursprachen suchte er die Botschaft der Heiligen Schrift von den Grundtexten, von den „Urquellen" her, zu erforschen und zu deuten. Besonders wertvoll erschien ihm für die Zubereitung der Gemeinde Gottes die Lehre des Apostels Paulus, des „Lehrers der Nationen" (1. Tim. 2,7); doch hat er dessen Botschaft nie von der biblischen Gesamtoffenbarung trennen wollen, sondern stets im Zusammenhan mit dieser gesehen.Die Deutungen schwer verständlicher Begriffe im paulinischen Schrifttum, die in diesem Buch neu vorgelegt werden, können jedem, der Paulus recht verstehen möchte, eine große Hilfe sein. Heinrich Langenberg war es immer darum zu tun, „Schrift durch Schrift zu erklären", die Bibel von ihrem eigenen Wortgebrauch aus zu deuten. So geschieht es auch hier. Wer sich in diese Ausführungen wirklich vertieft (was nicht im Schnellverfahren geschehen kann, sondern Zeit erfordert und Liebe zum Wort), wird reichen Gewinn davontragen. Er wird einen schärferen Blick dafür bekommen, was Paulus unter Freiheit, Freude, Gebetsarten, Gemeinde, Gewissen, der Himmel und die Himmlischen, Prädestination, Rechtfertigung, Sohnschaft, Sünde und anderem versteht.Heinz Schumacher Der Abfall (apostasia)Das Wort „Abfall" (apostasia) kommt nur zweimal im Neuen Testament vor; Apg. 21,21: „Abfall von Mose" und 2. Thess. 2,3: „denn er (d. h. der Tag des Herrn) kommt nicht, wenn nicht komme der Abfall zuerst und enthüllt werde der Mensch der Gesetzlosigkeit, der Sohn des Verderbens." Das Wort mit dem Artikel „der Abfall" bezeichnet ein bestimmtes endgeschichtliches Ereignis, den totalen Abbruch aller bisherigen religiösen Beziehungen. Das entsprechende Zeitwort (aphistanai) kommt nur bei Paulus vor im Sinne eines Abfallens vom Glauben überhaupt (vgl. 1. Tim. 4,1). Ein solches radikales Abfallen kennzeichnet jedes Mal den Abschluss einer heilsgeschichtlichen Entwicklung. Der endgeschichtliche große Abfall hat seine durch den ganzen Werdegang der Gemeinde sich hindurchziehende Vorgeschichte. In den sieben Sendschreiben der Apokalypse finden wir diese plastisch dargestellt auf der fortschreitenden Verfallslinie neben der Überwinderlinie.In Hebr. 6,4–6 wird von einem Abfall vom christlichen Glauben gesprochen, der einer abermaligen Kreuzigung des Sohnes Gottes, als der spezifischen Sünde des jüdischen Volkes gleichgestellt wird und als Lästerung des Geistes weder „in diesem Äon noch in dem kommenden (Äon) vergeben wird" (Mt. 12,31).Was seiner Zeit als „dieser Äon" bezeichnet wurde, ist jetzt bereits die Vergangenheit, die Zeit des irdischen Christuswirkens Jesu, und „der kommende Äon" ist jetzt die gegenwärtige Gemeindehaushaltung. Auch diese endet mit dem großen Abfall. Dass aus allem Zerbruch durch Abfall die souveräne Gnade Gottes einen Rettungs- und Heilsweg erfunden hat, zeigt uns besonders die zukünftige Wiederherstellung im tausendjährigen Königreich des Christus. Das ist das heilsgeschichtliche Rätsel Israels, wodurch das tiefste Geheimnis der Heils- und Regierungswege Gottes enträtselt wird.Aus diesem geschichtlichen Anschauungsunterricht sollen wir die ernste Ermahnung fürs praktische Leben entnehmen: „dass nicht in jemandem von euch ein böses Herz des Unglaubens sei in dem Abfallen von dem lebendigen Gott" (Hebr. 3,12). Das böse Herz des Unglaubens erreicht in dem Einflussbereich der Gemeinde seine Ausreifung und den erschreckenden Höhepunkt in dem Anti- oder Anstattchristentum. Abgrund (abyssos)Paulus gebraucht dieses Wort nur einmal in Röm. 10,7 als Zitat aus 5. Mo. 30,11–14. Im 13. Vers desselben heißt es, „jenseits des Meeres" (meebär lajam). Das ist jedoch kein Widerspruch im Ausdruck, sondern entspricht der damaligen Anschauung. „Jenseits des Meeres" bezeichnet die schier unüberbrückbare Weite des Raumes. Zu vergleichen ist der hebräische Ausdruck „thehom" (1. Mo. 1,2) von der brausenden Urflut, der Wasser unter dem Meere, also der Tiefe oder dem Verbannungsort der Dämonen (vgl. Lk. 8,31–33). Nach der Vorstellung der Alten war die Urflut jenseits des Meeres, in der Tiefe unter dem Meer. In der Apokalypse kommt der Ausdruck „Abgrund" in Offb. 9,1–2.11; 11,7; 17,8; 20,1.3 vor. Vgl. den Ausdruck „die Unterirdischen" (katachthonioi) in Phil. 2,10. ÄhnlichkeitSiehe unter Gleichheit (isotäs); Gleichartigkeit (homoioma). ÄltesterÜber die Entstehung des christlichen Ältestenamtes gewinnen wir am besten ein klares Bild, wenn wir uns eine Übersicht verschaffen über die in Betracht kommenden Stellen in der Apostelgeschichte. Es war alles ein Werden, nicht willkürlich von Menschen gemacht oder organisiert, sondern unter klarer Führung des Geistes Gottes nach inneren Gesetzen. Die judenchristliche Gemeinde hatte diese von Mose stammende Einrichtung (2. Mo. 24,1.9; 4. Mo. 11,16.24; 5. Mo. 1,15.16) einfach übernommen und weiter gepflegt. Ursprünglich waren es wohl die an Jahren ältesten und darum auch die erfahrensten Männer, die als Häupter und Führer allgemein anerkannt wurden. Als eine Hungersnot von dem Propheten Agabus für die ganze Ökumene angekündigt wurde, sandte die Christengemeinde in Antiochien, wo die Jünger zuerst „Christen" genannt wurden, eine Sammlung zur Handreichung für die in Judäa wohnenden Brüder an die Ältesten durch die Hand des Barnabas und Saulus (Apg. 11,30). Diese Ältesten waren die Vertrauensmänner der in Judäa hin und her zerstreuten Christenscharen, die Führerpersönlichkeiten der verschiedenen örtlichen Gemeindegruppen. In Apg. 14,23 lesen wir, dass Paulus und Barnabas Älteste wählten gemeindemäßig und sie mit Fasten und Beten dem Herrn befahlen. Für „wählen" finden wir hier den seltenen Ausdruck „Hände ausstrecken" (cheirotonein), wodurch der Wahlmodus bezeichnet werden soll, wie Paulus und Barnabas die Entscheidung herbeiführten. Die Gemeinde schlug bestimmte Männer als geeignet und vertrauenswürdig vor, und die beiden Missionare, Paulus und Barnabas, bezeichneten durch Ausstrecken der Hände die zu Erwählenden. Eine Mitwirkung der Gemeinde ist bestimmt anzunehmen, wie aus einem Vergleich mit 2. Kor. 8,19 zu schließen ist. Sodann ist zu beachten, dass die Einsetzung von Ältesten „gemeindegemäß" (kat ekkläsian) erfolgte, d. h. nicht etwa: für je eine Gemeinde je einen Ältesten, sondern der Gemeinde angemessen, nach Charakter und Bedürfnis der betreffenden Gemeinde. Das richtig zu beurteilen, dazu waren wohl nur Paulus und Barnabas fähig. Die für diesen Dienst notwendigen Gaben zu erkennen und zum Einsatz zu bringen, ist nun nicht Aufgabe einer organisierten, übergeordneten Kirchenbehörde, sondern bestimmter, mit prophetischem Geist erfüllter Führerpersönlichkeiten (vgl. Apg. 13,1–3). Aus Apg. 15 erfahren wir, dass die Ältesten neben den Aposteln als Brüder unter Brüdern (Vers 23) teilnahmen an Entschließungen über wichtige Entscheidungsfragen (vgl. Apg. 15,2.4.6.22–23; 16,4; 20,17). Nach Apg. 21,16 scheint es, dass es in der jerusalemischen Gemeinde einen ganzen Kreis von Ältesten, ein Presbyterium gegeben habe (vgl. auch 1. Tim. 4,14). Wahrscheinlich waren die in 1. Thess. 5,12 genannten Vorsteher auch Älteste. Dem Titus trägt Paulus in Tit. 1,5 auf: „dass du das noch Fehlende solltest berichtigen und stadtgemäß Älteste einsetzen, wie ich es dir anordne!" Das Anordnen war Sache des Apostels, das Berichtigen (epidiorthein = noch dazu zurechtbringen) und das Einsetzen (kathistanein = anstellen), also die praktische Ausführung, war Sache des Titus.Einen tieferen Einblick in das Wesen und den Dienst der Gemeindeältesten gewährt uns Apg. 20 in der Abschiedsrede des Apostels Paulus an die Ältesten zu Ephesus (Vers 17). Hier tritt uns auch zum ersten Male das Wort „Bischof" (episkopos) entgegen, weil es besonders geeignet ist, die seelsorgerliche Seite dieses Dienstes zu betonen. Vers 28: „Gebet acht auf euch selbst und auf die gesamte Herde, unter die euch der Heilige Geist zu Aufsehern (Bischöfen) gesetzt hat, zu weiden die Gemeinde Gottes, die er zum Vollbesitz sich aneignet durch das Blut seines Eigenen". Ihr Dienst besteht im Aufsichtüben (episkopein) und Nachsehen, Besuchen und Sichkümmern (episkeptesthai), „dass es keinem mangle an der Gnade Gottes" (Hebr. 12,15). Dass nun im Verlaufe der kirchengeschichtlichen Entwicklung allmählich daraus das Papsttum entstanden ist, ist ein Zeichen des Verfalls. Je mehr die verweltlichende Kirche an innerer Kraft des Geistes verliert, desto mehr wird das kirchliche Amt ausgebaut, und so entsteht die tote orthodoxe Kirchlichkeit. Über die Achtung und Wertschätzung der Ältesten schreibt Paulus in 1. Tim. 5,17: „Die Ältesten, die trefflich vorgestanden haben, lasset doppelter Ehre würdig geachtet werden". Ein Ältester soll kein besoldeter Lohnarbeiter sein. Er soll aber auch einen besonderen Schutz genießen gegen ungerechte Angriffe. 1. Tim. 5,19: „Gegen einen Ältesten nimm keine Anklage an, wenn nicht gestützt auf zwei oder drei Zeugen". Wenn aber wirklich eine Versündigung eines Ältesten vorliegt, so soll ein solcher Fall gründlich behandelt werden „vor aller Augen, damit auch die Übrigen Furcht haben" (1. Tim. 5,20). Petrus nennt sich selbst „der Mitälteste und Zeuge der Leiden des Christus und Gemeinschafter an der Herrlichkeit" (1. Petr. 5,1). Der Apostel Johannes nennt sich in 2. Joh. 1 und 3. Joh. 1 „der Älteste". Zu den Obliegenheiten der Ältesten unter den Judenchristen gehörte es auch, dass sie über den Schwachen in der Gemeinde beten und sie mit Öl salben sollten in dem Namen des Herrn (Jak. 5,14). Dabei handelte es sich nicht um die spezielle Gabe der Heilungen (1. Kor. 12,9), sondern um seelsorgerliche Betreuung. In den 24 Ältesten der Apokalypse haben wir keine Menschen zu sehen, sondern Vertreter der höheren Geisterwelt (Offb. 4,4.10; 5,5–14; 7,11.13; 11,16; 14,3; 19,4).
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