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Schriftenmission-Langenberg.deGeistestaufe und Geistesfülle - Neuauflage 2002
Ausschnitte zum ProbelesenInhalt
Hinweis zum Gottesnamen "Jehova"
EinleitungDass in neuester Zeit die Frage nach der Geistestaufe und Geistesfülle wieder lebendiger geworden ist, darf jedenfalls als ein gutes, erfreuliches Zeichen bewertet werden. Nach den Erfahrungen im Anfang dieses Jahrhunderts und den tief aufrüttelnden Auseinandersetzungen im Bezug auf dieses Thema ist das Fragen und Suchen nicht verstummt, sondern eher noch vertieft und abgeklärt worden. Wo man jedoch glaubt, den ganzen Fragenkomplex einfach abtun und darüber zur Tagesordnung übergehen zu können, erweist man den wirklich ernst Suchenden damit keinen Dienst. Die Frage selbst kommt nicht zum Verstummen, sie ist und bleibt eine brennende. Der Umstand aber, dass wir überhaupt noch von einer Frage nach der Geistestaufe oder – wie wir es besser bezeichnen sollten – nach dem Geisteserfülltwerden sprechen müssen, ist schon an sich ein Zeichen, dass ein bedauernswertes Manko im christlichen Denken und Leben der heutigen gläubigen Kreise vorhanden sein muss. Aus dem Empfinden der allgemeinen Kraftlosigkeit, aus dem Schmerz über all das Unbefriedigende im Glaubensleben des Einzelnen und dem Gemeinschaftsleben der Gläubigen im Allgemeinen heraus ist die Geistesfrage unabweisbar. Aber nicht nur gefühlsmäßig sollten wir an die Lösung dieses Problems herangehen, sondern auch erkenntnismäßig von der Schrift aus, damit wir ganz sicher gehen und festen Boden unter unsere Füße bekommen. Es ist auffallend, wie der Apostel Paulus bei den zwölf Männern, die er als gläubige Johannesjünger in Ephesus antrifft, die Geistesfrage stellt, indem er fragt: „Ob ihr wohl heiligen Geist empfinget, da ihr gläubig wurdet?" Dass hier ein Mangel vorlag, musste ihm sofort aufgefallen sein. Diesem Mangel suchte er nun abzuhelfen durch lehrhafte Einführung in die vollkommene Heilsordnung. Diese Methode ist vorbildlich und nachahmenswert. Sie bewahrt vor Entgleisungen und Fehlentscheidungen, wie es bei der Vordringlichkeit der Geistesfrage kaum zu vermeiden ist, wenn sie ausschließlich vom Gefühl her behandelt wird. Wir lernen aber zugleich von dem Apostel, wie die Geistesfrage in seiner Seelsorge den unbestrittenen Vorrang hatte. Hier ist der Punkt, an welchem wir heute wieder einsetzen müssen, um aus der Not der allgemeinen Lahmheit und Kraftlosigkeit herauszukommen. Wir schlagen nun bei unserer biblischen Studie über Geistestaufe und Geistesfülle am besten den Weg ein, dass wir das Thema ganz im Zusammenhang mit dem heilsgeschichtlichen Werden behandeln und uns dabei stets vor Augen halten, was das Wort uns persönlich zu sagen hat.
Wassertaufe, Geistestaufe, FeuertaufeGleich in der ersten Stelle, in welcher der Begriff Geistestaufe uns begegnet, werden drei verschiedene Taufen unmittelbar nebeneinander gestellt und miteinander verglichen. Wir lesen Matth. 3, 11 das Wort des Täufers Johannes: „Ich zwar taufe euch vermittelst Wasser in Sinnesänderung hinein: der aber nach mir Kommende ist stärker als ich, dessen Sandalen zu tragen ich nicht genug bin. Er selbst wird euch taufen vermittelst Heiligen Geistes und Feuer". Ähnlich so, mit geringfügigen Abweichungen, ist der Wortlaut in Luk. 3, 16: „Ich zwar, durch (oder auf Grund von) Wasser taufe ich euch. Es kommt aber der Stärkere denn ich, dem ich nicht genug bin, den Riemen seiner Sandalen zu lösen. Derselbe wird euch taufen vermittelst heiligen Geistes und Feuer".Wassertaufe, Geistestaufe und Feuertaufe stehen in einer Linie als Glieder einer zusammenhängenden Kette. Die Wassertaufe steht zeitlich immer am Anfang eines neuen Abschnittes im heilsgeschichtlichen Werden. So wird der neue Anfang der Menschheit nach der Sintflut als ein Gegenbild der christlichen Taufe hingestellt (1. Petr. 3, 20. 21), und die christliche Taufe selbst soll den Anfang des christlichen Glaubenslebens symbolisch anschaulich werden lassen (Röm. 6, 3. 4), und die Johannestaufe hängt zusammen mit der Erneuerung Israels. Sie wird geradezu als Anfang des Evangeliums Jesu Christi, des Sohnes Gottes, auf dem Boden Israels bezeichnet (Mark. 1, 1). „Johannes wurde der Taufende, in der Wüste (symbolisch Ort des Neuanfangs) verkündigend eine Bußtaufe in Richtung auf Sündenvergebung" (Mark. 1, 4). Diese Taufe war eine Volkstaufe. „Und es ging hinaus zu ihm das gesamte Land Judäa und die Jerusalemiten alle und wurden getauft von ihm in dem Jordanfluss, indem sie ihre Sünden bekannten" (Mark. 1, 5; vgl. Luk. 3, 21). In die Taufe des Johannes trat Jesus ein, indem er selbst sich taufen ließ als einer, der sich solidarisch eins gemacht mit dem sündigen Volk, um jede Gerechtigkeit zu erfüllen (Matth. 3, 15), und indem er durch seine Jünger die Taufe im Volk vollziehen ließ (Joh. 4, 1. 2). Die aus dem Prophetismus (vgl. Hes. 36, 25; Sach. 13, 1; Ps. 51, 9) herausgewachsene Johannestaufe hatte einen durchaus für etwas Größeres, Durchgreifenderes vorbereitenden Charakter. Sie forderte eine Sinnesänderung, ein Umdenken (metanoia) von Grund auf, eine Ausräumung alter Meinungen, eine Entrümpelung alter religiöser Traditionen, sie war ein Reinigungsbad der Gesinnungsumstellung (Buße) und eine Ausrichtung auf die Sündenvergebung. Sie war ein besonderer Ratschluss Gottes für sein Volk Israel (Luk. 7, 29. 30). Bis zur Ganzdurchführung des göttlichen Ratschlusses bezeichnen drei Volkstaufen den heilsgeschichtlichen Weg: Die Bußtaufe des Johannes, die jedoch die Zerspaltung des Volkes zur Folge hatte, indem die Pharisäer und Gesetzesgelehrten den Ratschluss Gottes für sich selber ablehnten und sich nicht taufen ließen, die Geistestaufe durch Aufrichtung des prophetischen Geisteszeugnisses auf dem Boden Israels (Apg. 2) und die Feuertaufe des Gerichts. Wie nun die Wassertaufe des Johannes für Israel nicht die wirkliche Volksbekehrung brachte, so sollte durch Ablehnung der Geistestaufe oder des prophetischen Pfingstzeugnisses des Heiligen Geistes das Verstockungsgericht über Israel hereinbrechen. Die Feuertaufe des Volkes ist das Gericht über Israel, aus welchem für dasselbe das endgeschichtliche Heil entstehen soll. Auf derselben Linie lag für Jesus auch die Leidenstaufe (Mark. 10, 38. 39; Luk. 12, 50). Das Feuer, welches Jesus gekommen war auf die Erde zu werfen, bedeutete für ihn selber den Tod. Er ist nicht nur durch die Wassertaufe in die Solidarität mit dem Volke eingetreten, sondern ist auch diesen Weg bis zu Ende gegangen, um jede Gerechtigkeit zu erfüllen. Er wurde gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode des Kreuzes. Auf demselben Wege gibt es auch für die Jünger Jesu eine Taufe in den Tod (Mark. 10, 39).
Die Verheißung des VatersDie messianische Geistestaufe für Israel wird von Jesus die Verheißung des Vaters genannt. Apg. 1, 4. 5: „Und indem er sich zu ihnen gesellte, ordnete er ihnen an, ja sich nicht von Jerusalem zu scheiden, sondern zu erharren die Verheißung des Vaters, die ihr von mir hörtet; denn Johannes zwar taufte durch (oder: auf Grund von) Wasser, ihr aber werdet getauft werden vermittelst Heiligen Geistes nicht nach vielen diesen Tagen". Luk. 24, 49: „Und siehe! Ich sende aus die Verheißung meines Vaters auf euch. Ihr aber sitzt in der Stadt, bis dass ihr euch Kraft anziehet aus der Höhe". So kann Jesus die durch die Propheten zuvor verkündigte Ausgießung des Geistes Gottes über Israel nennen, „. . . da er nun zur Rechten Gottes erhöht worden ist und die Verheißung des Heiligen Geistes empfangen hat vom Vater" (Apg. 2, 33).Mit der Verheißung des Vaters meint Jesus also die erst durch seinen siegreichen Hingang zum Vater erreichte Erfüllung der prophetischen Geistesverheißung. Die Propheten sprechen nämlich von verschiedenen Geistesausgießungen, z. B. Jes. 32, 15: „. . . bis der Geist über uns ausgegossen wird aus der Höhe und die Wüste zum Fruchtgefilde wird und das Fruchtgefilde dem Walde gleichgeachtet wird"; Hes. 36, 26. 27: „. . . ich werde euch ein neues Herz geben und einen Geist in euer Inneres geben, und ich werde das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben. Und ich werde meinen Geist in euer Inneres geben, und ich werde machen, dass ihr in meinen Satzungen wandelt und meine Rechte bewahrt und tut"; Hes. 37, 14: „. . . und ich werde meinen Geist in euch geben, dass ihr lebet und werde euch in euer Land setzen"; Sach. 12, 10: „. . . und ich werde über das Haus Davids und über die Bewohner von Jerusalem den Geist der Gnade und des Flehens ausgießen, und sie werden auf mich blicken, den sie durchbohrt haben"; Jes. 44, 2. 3: „Fürchte dich nicht, mein Knecht Jakob, und Jeschurun, den ich erwählt habe! Denn ich will Wasser ausgießen auf das Durstige und rieselnde Bäche auf das Trockene! Ich will meinen Geist ausgießen auf deinen Samen und meinen Segen auf deine Sprösslinge".Alle diese Geistesausgießungen stehen in Verbindung mit dem Tage Jehovas. Joel allein spricht von einer Geistesausgießung, „. . . ehe denn kommt der Tag Jehovas, der große und offenbare" (Joel 3, 4). Der Apostel Petrus hat sich nicht geirrt, als er in seiner Pfingstrede nicht Jesaja, Hesekiel oder Sacharja, sondern nur Joel 3 zitierte. Aus diesem Tatbestand erhellt, dass es sich um eine ganze Reihe von Geistesausgießungen handelt, und dass Pfingsten nur ein Anfang der Erfüllung ist. Alle diese Verheißungen von Geistesausgießungen über das Volk Israel zusammen sind nun die eine große, für Israel bestimmte Verheißung des Vaters Jesu Christi, weil die Geistessendung in der ganzen Fülle, die Geistesausgießung, erst möglich geworden ist durch den Hingang des Sohnes zu Vater. Joh. 16, 7: „Es nützt euch, dass ich hingehe. Denn so ich nicht hingehe, wird der Paraklet nicht zu euch kommen. So ich aber gegangen bin, werde ich ihn senden zu euch". Von dieser Verheißung des Vaters hatte Jesus zu seinen Jüngern während seines irdischen Christuswirkens öfter und eingehend gesprochen. Sie sollten dieselbe erharren als eine Taufe vermittelst Heiligen Geistes, wodurch sie sich aus der Höhe Kraft anziehen würden.
Pfingsten in heilsgeschichtlicher BedeutungZum rechten Verständnis dessen, was Pfingsten mit der Geistestaufe überhaupt bedeutet, ist es unerlässlich, dass wir von der heilsgeschichtlichen Bedeutung dieses Ereignisses für Israel ausgehen, ehe wir Schlüsse ziehen, welche Lehren sich für uns heute heraus ergeben.Wir dürfen auch nicht von vornherein Pfingsten als das Geburtsfest der Gemeinde betrachten und von dieser Voraussetzung aus eine Art Gemeindelehre mit für alle Zeit gültigen Grundsätzen aufstellen. Wohl ist Pfingsten eine außerordentlich wichtige Etappe in der Geschichte des Werdens der Gemeinde, aber wir dürfen dabei nicht übersehen, welche Bedeutung die Errichtung des prophetischen Geisteszeugnisses auf dem Boden Israels in heilsgeschichtlicher Beziehung hatte. Wir stecken, ohne es recht zu ahnen, alle noch mehr oder weniger in alten kirchlichen Vorurteilen, nicht nur in der Auffassung von dem Wesen und der Bedeutung der Pfingstgeschichte, als auch im Allgemeinen von der unbereuten Berufung Israels (vgl. Röm. 11, 29). Es ist ein das bessere Schriftverständnis stark hemmender Irrtum, wenn die christlichen Kirchen das, was den Juden bundes- und verheißungsmäßig gehört, sich selber zueignen. Dieser gefährliche Irrtum ist stark verankert in der Grundhaltung der Volks und Massenkirchen, die sich als die Erben und Rechtsnachfolger der durch das Verstockungsgericht einstweilen beiseite gestellten Juden betrachten. Das ganze prophetischeWort wird dadurch unter einen durchaus falschen Gesichtspunkt gerückt und das rechte Verständnis für die Pfingstgeschichte erschwert oder gar unmöglich gemacht. Achten wir doch darauf, wie Petrus das soeben miterlebte Pfingstgeschehen prophetisch deutet, wenn er beteuert: „Dies ist, was angesagt ward durch den Propheten Joel" und dann Joel 3, 1–5a zitiert. An diesem Wort dürfen wir doch nicht achtlos vorbeigehen, als sei es wohl für die damals gerade anwesenden Juden wichtig gewesen, aber für uns heute ohne Bedeutung. Gerade durch die klare Erkenntnis des Unterschiedes zwischen der Berufung Israels und der Berufung der Gemeinde gelangen wir zur einzig richtigen und daher auch tief befriedigenden Lösung der Geistesfrage überhaupt. Pfingsten bedeutete für Israel im Allgemeinen und für die Jünger im Besonderen die Erfüllung des in dem mosaischen Pfingstfest liegenden Symbols. Apg. 2, 10: „. . . und als der Tag der Pfingsten erfüllt wurde". Unter dieser Erfüllung haben wir ein Doppeltes zu verstehen – die jährlich sich wiederholende und die einmalige heilsgeschichtliche Erfüllung. Nach 3. Mose 23, 15. 16 und 5. Mose 16, 9. 10 sollte das Volk Israel zählen vom zweiten Tage des Passah an, an welchem die Erstlingsgarbe dargebracht wurde, sieben Wochen, um dann am darauf folgenden, dem fünfzigsten Tage (pentekostä) das Vollerntefest mit Darbringung der Erstlingsbrote zu feiern. Pfingsten steht also im engsten inneren Zusammenhang mit dem Passahfest. Am Passah war der Beginn und am Pfingstfest der feierliche Abschluss, die Erfüllung der Ernte. Gewiss haben auch die Jünger die Tage vom Passah bis Pfingsten gezählt, wie alle frommen Juden, mit höchster Spannung Tag für Tag. Aber für sie sollte das Erfülltwerden des Tages der Pfingsten die viel weitere und tiefere heilsgeschichtliche Bedeutung gewinnen. Hatte das Passah für sie im Ostern, in der Auferstehung ihres Herrn, seine Erfüllung gefunden, so sollte Pfingsten die Erfüllung bringen mit der Vollernte der prophetischen Verheißung des Vaters. Diese Vollernte wird mit der Darbringung der Erstlingsbrote gefeiert. Was hat nun diese Darbringung der beiden gesäuerten Erstlingsbrote in Verbindung mit den übrigen vorgeschriebenen Opfern für eine Beziehung zu der Geistestaufe am Pfingsttag? (vgl. 3. Mose 23, 17–20). Die Erstlingsgarbe, welche am Tage nach dem Passah dargebracht wurde, weist hin auf die Erfüllung am Auferstehungstag Jesu. Da begann die große Ernte aus dem Tod des Weizenkorns (vgl. Joh. 12, 24). In den Erstlingsbroten findet die Garbe ihre eigentliche Bestimmung. So bestand die Erfüllung zu Pfingsten in der ersten sichtbaren Auswirkung der Auferstehung des Herrn für die Menschheit. Das Christuswirken des erhöhten Herrn vom Throne aus hatte zur Folge die Geistestaufe am Pfingsttag. Die Erstlingsbrote sollten aus den Wohnungen der Israeliten genommen werde, von zwei Zehnteln Semmelmehl, gesäuert und gebacken, als Erstlinge dem Jehova (3. Mose 23, 17). Diese Symbolik weist hin auf die Mitwirkung des Menschen und den Gebrauch des alltäglichen Lebens. Während Passah gefeiert werden musste mit ungesäuerten Broten, wurden zu Pfingsten Gott erst zwei gesäuerte Brote dargebracht, ehe man Brot aus der neuen Ernte essen durfte. Die begleitenden Opfer, sieben Lämmer, ein Farre und zwei Widder zum Brandopfer und ein Ziegenbock zum Sündopfer (3. Mose 23, 18) deuten an, dass die Mitwirkung des Menschen in der Darbringung der zwei gesäuerten Webebrote entsündigt und geheiligt werden muss. Das Pfingsten in Apg. 2 war also der Beginn der Vollernte in Israel die Darbringung der Erstlingsbrote in Gestalt der mit prophetischen Geistesgaben ausgerüsteten Erstlingsschar von einhundertzwanzig Namen auf dem Boden Israels. Offenbar ist die Bedeutung dieses Pfingstereignisses die Gründung einer prophetischen Messiasgemeinde innerhalb des Volkes Israel. Pfingsten ist noch nicht das Ende, sondern der Anfang einer Reihe wunderbarer Segnungen für Israel und durch Israel für die Nationen. Den Erstlingen wird noch eine Vollernte, ein volleres Pfingsten folgen.
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