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Apokalypse aktuell



Das letzte Buch der Bibel bleibt uns verschlossen, wenn wir den inneren Aufbau nicht kennen. Er wird gekennzeichnet durch die drei großen Geheimnisse: Das Geheimnis der sieben Sterne (Offbg. 1,20), das Geheimnis Gottes (Kap. 10,7) und das Geheimnis Babylons (Kap. 17,5.7). Israels Berufung und Werden ist der große Anschauungsunterricht für die Nationenwelt, um den sich alles im Weltgeschehen dreht.

Dieses Buch ist neu bearbeitet und ergänzt worden von Karl Layer und Erich Lubahn. Es soll dazu beitragen, Menschen das Ende und Ziel der Wege Gottes transparenter zu machen und ihnen eine Zukunftsperspektive zu eröffnen.

208 Seiten, brosch. 17,80 €

Bestellnummer: 1040


Ausschnitte zum Probelesen - Inhaltsverzeichnis

Einführung

Erich Lubahn

5

Vorwort

Karl Layer

10

Teil I

Grundsätzliches zur Offenbarung


1.

Vorwort des Verfassers zu Teil II

15

2.

Vorwort des Verfassers zu Teil III

18

3.

Überblick über die Geschichte der Deutungen der Offenbarung

20

4.

Was das Buch über sich selbst und seine Empfänger aussagt

25

5.

Die Eigenart der prophetischen Schau

28

6.

Übersicht über den Aufbau der Offenbarung

32

7.

Erklärung spezieller Begriffe (Karl Layer)

34

Teil II

Das Grundthema der Offenbarung: Die Gemeinde Jesu Christi als Überwindergemeinde


1.

Der zukünftige Königspriesterdienst der Überwindergemeinde (Kap. 1, 6)1

37

2.

Die heilsgeschichtlich wachsende Berufung der Gemeinde (Kap. 5, 10)

41

3.

Der Sternendienst der Engel (Boten) der Gemeinde (Kap. 1, 16-20)

45

4.

Der Leuchterdienst der Gemeinde (Kap. 1, 12-16)

48

5.

Die Enthüllung Jesu Christi als Erziehungsweg der Gemeinde (Kap. 1,12-20)

51

6.

Die Verheißungen für die Überwindergemeinde (Kap. 2. 3)

56

7.

Die heilsgeschichtliche Entwicklungslinie der Überwindergemeinde (Kap. 2. 3)

66

8.

Der himmlische Gottesdienst und die Überwindergemeinde (Kap. 4. 5)

69

9.

Das Geheimnis Gottes in seiner Weltregierung und die Überwindergemeinde (Kap. 5)

74

10.

Der Altardienst der Überwindergemeinde (Kap. 6, 9-11)

76

11.

Der Tempeldienst der Überwindergemeinde und die große Schar (Kap. 7, 9-17)

80

12.

Der Gebetsdienst der Überwindergemeinde und die Zorngerichte Gottes (Kap. 8, 1-9, 21)

84

13.

Die Messung der Überwindergemeinde und die zwei Zeugen (Kap. 11, 1-14)

89

14.

Die neue Zeugenmission der Überwindergemeinde an Israel (Kap. 11, 19)

92

15.

Die vollendete Überwindergemeinde als der neuge­borene Sohn (Kap. 12, 1-17)

95

16.

Die Überwindergemeinde der Endzeit in einer gerichts­reifen Welt (Kap. 12, 14-17; Kap. 13)

100

17.

Die Überwindergemeinde und die Weltvollendung (Kap. 21. 22)

103

18.

Schluß

110

Teil III

Die drei großen Geheimnisse der Offenbarung


1.

Das Geheimnis der sieben Sterne (Kap. 1, 10-3, 22): Das Werden der Überwindergemeinde in ihrem König­reichsberuf

112

2.

Das Geheimnis Gottes (Kap. 4, 1-11, 14): Das Werden Jesu Christi als Löwe und Lamm im Weltheilsplan

117


2.1.

Das Buch mit den sieben Siegeln wird geöffnet (Kap. 5. 6)

117


2.2.

Die 144 000 Versiegelten und die große Schar (Kap. 7)

120


2.3.

Die Posaunengerichte (Kap. 8. 9)

123


2.4.

Die sieben Donner, die kleine Buchrolle, die Messung des Tempels, die zwei Zeugen (Kap. 10. 11)

125


2.5.

Die siebte Posaune (Kap. 11, 15-19)

129


2.6.

Die Linie der Frau und die Linie des Drachens (Kap. 12)

131


2.7.

Die zwei Tiere (Kap. 12, 18; Kap. 13)

135


2.8.

Allerletzte Möglichkeiten vor dem Gericht (Kap. 14, 1-13)

138


2.9.

Israels Ernte als Anfang des Gerichts (Kap. 14,14-20)

142


2.10.

Die Überwinder an dem gläsernen Meer (Kap. 15,1-4)

146


2.11.

Die letzten sieben Plagen (Kap. 15, 5; Kap. 16)

147

3.

Das Geheimnis Babylons (Kap. 11, 15-22, 5): Das Werden des neuen Jerusalems aus Gericht und Untergang der alten Welt

150


3.1.

Die Enthüllung des Geheimnisses der Frau (Kap. 17)

150


3.2.

Das Gericht über Babylon (Kap. 18)

153


3.3.

Die Hochzeit des Lammes und der Königbräutigam (Kap. 19)

157


3.4.

Das Tausendjährige Reich (Kap. 20, 1-6)

161


3.5.

Die letzte Rebellion, Gog und Magog (Kap. 20, 7-10)

165


3.6.

Das Weltgericht und der große Weltbrand (Kap. 20, 11-15)

168


3.7.

Der neue Kosmos (Kap. 21, 1-8)

171


3.8.

Das neue Jerusalem (Kap. 21, 9-22, 5)

174


3.9.

Israels Königreichsdienst auf der neuen Erde (Kap. 22, 1-5)

176

4.

Epilog (Kap. 22, 6-21): Die Bestätigung der Weissagungen in der Offenbarung

180

Teil IV

Der Christ versteht sein Leben vom Ziel her (Erich Lubahn)


1.

Daß Jesus siegt, bleibt ewig ausgemacht

186

2.

Was geschieht nach unserem Sterben?

189

3.

Verführungen wollen uns das Ziel verrücken

192


3.1.

Die Überbetonung von Zeichen und außerordentlichen Wundern

193


3.2.

Die Ausschaltung von Willen und Verstand

194


3.3.

Krankenheilungen ohne Einschränkung

195


3.4.

Botschaften und Kundgebungen

196


3.5.

Wahrsagen statt Weissagen

197


3.6.

Ehelosigkeit als besondere Heiligkeit

197


3.7.

Satanische Nachahmungen Gottes

198

4.

Nur Überwinder leben zielgerichtet

199


4.1.

Zielgerichtet lebt, wer mit Jesus verbunden ist

200


4.2.

Zielgerichtet lebt, wer Gottes Ziel vor Augen hat

201


4.3.

Zielgerichtet lebt, wer die Gegenwart in ihrer Beziehung zum Ziel erkennen lernt

202


4.4.

Zielgerichtet lebt, wer sich von Gott verwandeln läßt

204


4.5.

Wer zielgerichtet lebt, wird ein Überwinder

205


Ergänzende Literatur zum Buch

208


Einführung

Die Jahrtausendwende läßt viele Menschen erneut nach der Zukunft fragen. Was die Bibel insgesamt von ihr sagt, findet im letzten Buch der Bibel den vervollständigenden Abschluß.

Es gab im Laufe der Zeit viele Versuche, dieses Buch zu verdeutli­chen und zu aktualisieren. Aus manchen Auslegungen konnte ich vieles lernen, jedoch ist für mich Heinrich Langenbergs »Schlüssel zum Ver­ständnis der Apokalypse« besonders hervorzuheben. Diese in zwei Tei­len aufgelegte Publikation bringt nun der Verlag neu heraus, überarbei­tet von Pastor Karl Layer. Darüber freue ich mich. Als Ergänzung dient eine Publikation von mir, die für Teil IV die Grundlage bildet.2

Für mich ist der christliche Glaube ohne die Dimension der Apoka­lyptik undenkbar. Gemeint ist damit eine Beziehung zu dem lebendi­gen Gott durch den »Blick nach oben« und »nach vorn«, dem Ende und Ziel der Wege Gottes. Darauf gehe ich im letzten Abschnitt des Buches ein.

Von Apokalyptik wird heute in den Massenmedien immer wieder gesprochen. Dies geschieht besonders dann, wenn der Mensch sich seiner Ratlosigkeit angesichts der wachsenden Weltprobleme und -ka­tastrophen bewußt wird. Hier ist die christliche Kirche in besonderer Weise herausgefordert.

Allgemein kann festgestellt werden, daß merkwürdigerweise die Apokalyptik in der Theologie ein wenig bekanntes, ja sogar ein fremdes Thema ist. Typisch ist für die Erklärung der Apokalyptik folgender Satz eines allseits bekannten und anerkannten theologischen Wörter­buchs: »Wie die Apokalyptik am Rande der Theologie steht, so stehen die Kreise, die sie pflegen, auch am Rande der Kirche.«3 Ferner ist dort zu lesen, daß sie »eine Spekulation« sei, »die – gern in allegori­scher Form – den Weltlauf deuten und das Weltende enthüllen will.«4

Wer waren die Apokalyptiker, die uns die so wichtige Botschaft zu vermitteln hatten? Ich will versuchen, sie in sieben Punkten zu charak­terisieren.

  1. Apokalyptiker waren »entrückt« (harpatzo = hinwegraffen, hinwegreißen – in einem Augenblick). Zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort haben sie ein Erlebnis gehabt, das die Dimen­sion des irdischen Lebens sprengt. Sie wurden der irdischen Wirklich­keit entnommen, so daß sie nicht mehr von ihr bestimmt wurden. Sie ließen die (irdische) Welt hinter sich. Das meint Paulus, wenn er von seiner apokalyptischen Erfahrung spricht. Er bezeugt, daß er dem Ge­schaffenen (toiouton) entrückt (harpagenta) war (2. Kor. 12, 2-4).

  2. Apokalyptiker waren »hingerückt«. Sie lebten in der himmlischen Wirklichkeit. Das temporäre »Hinaufgenommen sein« (Eph. 4, 10; Offb. 4, 2) ist ihr Kennzeichen. Paulus spricht in diesem Zusammen­hang vom »dritten Himmel« (2. Kor. 12, 2 f).

  3. Apokalyptiker schauten die himmlische Wirklichkeit in leiblicher Ge­stalt bzw. in geistleiblicher Gestalthaftigkeit. Die himmlische Wirk­lichkeit hat ihre Entsprechung in der Wirklichkeit unserer Welt. Sie schauten das, was für uns Sterbliche zukünftig ist, als Gegenwart (Jes. 65, 17; Hes. 37, 27; 48, 35; 2. Petr. 3, 13; Hebr. 11, 10. 16; Gal. 4, 26; Offb. 21, 1 ff). In der apokalyptischen Schau wird die Zukunft für Augenblicke vorweggenommen.

  4. Apokalyptiker gehen grundsätzlich von »zwei Äonen« aus, dem ge­genwärtigen und dem zukünftigen. Für den Apokalyptiker ist der eine Äon vergänglich, der andere unzerstörbar. Apokalyptisch wird der eine Äon »Nacht«, der andere »Tag« genannt. Aus diesem Verständnis sagt Paulus im Zusammenhang von seelsorgerlichen Ermahnungen: »Die Nacht geht zu Ende, bald ist es Tag« (Röm. 13, 12).5

  5. Apokalyptiker sind von ihrer »Entrückung« mit einem Auftrag wieder auf die Erde zurückgekehrt. Sie brachten eine Botschaft mit, ein apokalyptisches Buch bzw. apokalyptische Bereicherungen ihrer Ver­kündigung.

  6. Apokalyptiker waren meist selber tief bekümmert über das Zeitgesche­hen. Ihre Botschaft richtete sich an solche, die wie sie in trostloser Lage über die jeweilige historische Situation hinaus eine Zukunftsper­spektive ersehnten.

  7. Apokalyptiker sollten und wollten mit ihrer Botschaft den Glauben der Betroffenen stärken, um dadurch vor Resignation zu bewahren, in hoffnungslos scheinenden Lebenssituationen eine Zukunftsperspekti­ve zu eröffnen und dadurch den Glaubenden zu ermutigen. In diesem Zusammenhang sind die Ermahnungen in den Apokalypsen zu ver­stehen.6

Wie kommen wir nun persönlich zum Verstehen der Apokalyptik, d. h. der Offenbarung? Dazu ist der Glaube erforderlich! Es handelt sich dabei auf keinen Fall um ein abstraktes Fürwahrhalten, sondern darum, daß wir für unser persönliches Leben ein klares Ziel vor Augen haben, um dadurch den Sinn unserer Existenz begreifen zu lernen mit seinen Schwierigkeiten und Nöten. Hierauf gehe ich noch im letz­ten Teil des Buches gesondert ein. Was aber will ich schon hier einlei­tend sagen? Der Glaube vermag auf eine klare gedankliche Durchdrin­gung aus dem Blickwinkel der Apokalyptik nicht zu verzichten! Dazu soll das ganze Buch eine Hilfe sein.

Noch etwas will ich einleitend zur Apokalyptik sagen. Sie ist dreidi­mensional. Was ist nun darunter zu verstehen?

  1. Die natürliche Schöpfung und die Welt mit ihrer naturwissen­schaftlichen, geschichtlichen und geistigen Erkennbarkeit.

  2. Die unsichtbare Finsterniswelt als Herrschaftsgebiet von dunklen Mächten, die die sichtbare Welt zu bestimmen trachten.

  3. Die unsichtbare Lichtwelt Gottes mit ihren lichten Mächten.7

Diese »mehrschichtige Wirklichkeit« ist der Apokalyptik zu eigen. Sie ist es, die die Apokalyptik dem natürlichen Menschen zum Pro­blem werden läßt. Wer die mehrschichtige Wirklichkeit außer acht läßt, dem ist von vornherein die Apokalyptik verdächtig, und Apoka­lyptiker werden schnell zu Ketzern abgestempelt.8

Aus der Dreidimensionalität (s. dazu Phil. 2, 10; Offb. 5, 3. 13) be­richten uns die Apokalypsen über die Auseinandersetzung und den Kampf zwischen den Finsternis- und Lichtmächten in der unsichtba­ren und in der sichtbaren Weit. Klassisch für viele Abschnitte der Apo­kalyptik ist der Satz: »Dann brach im Himmel ein Krieg aus. Michael kämpfte mit seinen Engeln gegen den Drachen. Der Drache schlug mit seinen Engeln zurück« (Offb. 12, 7; par: Dan. 10, 13. 21; 12, 1).

Unter Berücksichtigung der genannten Dreidimensionalität des apokalyptisch erweiterten Weltbildes sind bei allen Apokalypsen zwei Dinge charakteristisch:

  1. Die Weltreiche kommen und gehen und haben einen unüberseh­baren Trend: Sie entfernen sich von Gott und werden zunehmend von antigöttlichen Mächten bestimmt.

  2. Das Gottesreich kommt und macht den Weltreichen ein Ende.

Ein weiterer typischer Grundsatz für alle Apokalypsen besteht darin, daß die gegenwärtige unsichtbare und zugleich zukünftige Welt, der »andere Äon«, nicht substanzlos gesehen wird. Wir sind gewohnt, das Materielle vom Immateriellen zu unterscheiden und uns die gött­liche Zukunft immateriell zu denken. Kann man aber etwas denken, ohne sich etwas vorzustellen? Die Apokalypsen sprechen vorstellbar von der zukünftigen Welt. Sie benutzen Begriffe, die uns aus unserer Welt verständlich und vorstellbar sind.

Dabei gehen die Apokalyptiker von dem Grundsatz aus, daß alles Sichtbare und Begreifbare »ein Schatten des Zukünftigen« ist (Kol. 2, 17; Hebr. 10, 1). Das Materielle der Welt ist in der zukünftigen Welt nicht immateriell (lat.-fr.: unstofflich, unkörperlich, geistig), sondern geistmateriell bzw. geistleiblich. Otto Michel sagt: »Die Abschaffung der Leiblichkeit wäre die Vernichtung der Apokalyptik.«9

Alle Apokalyptiker gehen ganz selbstverständlich von der Tatsache aus, daß in der zukünftigen Welt all das existiert, was auch in unserer Schöpfung seine Gestalt hat. Es wird also dort alles mit dem in unserer Welt seine Ähnlichkeit haben. Jedoch wird dort alles so von dem Ge­genwärtigen unterschieden sein, wie eben der Schatten von dem Ge­genstand, der ihn ermöglicht, anders ist. Demzufolge müssen wir sa­gen: Dort ist dem Irdischen alles ähnlich, aber in geistleiblicher Gestalt.

Prälat Friedrich Christoph Oetinger (1702-1782) sprach in diesem Zusammenhang von: »Geistleiblichkeit ist das Ziel aller Wege Gottes.«10

Die apokalyptischen Reden verdeutlichen dem, der »hören will« (Offb. 2, 7. 11. 17. 29; 3, 6. 13. 22), daß wir in dieser Welt im Vorläufigen leben und das Kommende und Zukünftige das Endgültige ist (s. auch Offb. 21, 4: »das Erste ist vergangen«). Der Mensch lernt, die Gewichte und Schwerpunkte im Leben richtig zu sehen und zu set­zen. Dazu soll die Neuauflage von Heinrich Langenbergs Buch eine Hilfe sein.11

Dr. Erich Lubahn

Vorwort

Ich muß gestehen, daß ich mich in den über vierzig zurückliegenden Jahren Gemeindedienst nie an eine fortlaufende Auslegung der Offen­barung herangewagt habe. Mein Respekt vor diesem letzten Buch der Bibel war zu groß und auch meine daraus erwachsende Unsicherheit. Natürlich habe ich über die Sendschreiben und über einzelne Texte gepredigt. Die sogenannten »Letzten Dinge«, die über das christliche Hoffnungsgut Auskunft geben, waren mir immer wichtig. Aber die Entfaltung einer Gesamtschau der Offenbarung hatte ich mir nicht zugetraut. Auch wollte ich nicht einfach eine der Auslegungen aus der Vielzahl der vorhandenen übernehmen. Zwar hat mir der »endge­schichtliche Schlüssel« vor allen anderen am meisten eingeleuchtet, doch ließen mich die logischen Brüche bei Einzelfragen wieder zurückhaltend werden.

Beeindruckt hat mich neben vielen anderen Auslegungen Heinz Schumacher: »Durch Gottesgerichte zum Gottesreich«. Schon der Ti­tel ist geradezu programmatisch. Beeindruckend ist auch der Kom­mentar von Adolf Pohl in zwei Bänden aus der Wuppertaler Studien­bibelreihe. Sein »christologischer Schlüssel« ist eigentlich selbstver­ständlich und unverfänglich. Seine außergewöhnlich gründliche Ar­beit ist beachtlich. Trotzdem bleiben für mich manche Ergebnisse unbefriedigend.

Nun wurde die Bitte an mich herangetragen, Heinrich Langen­bergs »Schlüssel zum Verständnis der Apokalypse« zu bearbeiten. Heinrich Langenberg (1876-1972) ist ein sehr eigenständiger Schriftforscher und besticht durch seine gründliche Kenntnis des Hebräischen und Griechischen. Sein Blick für die Heilsgeschichte befähigt ihn zudem, die großen Linienführungen der Bibel aufzuzeigen. So ist für ihn das letzte Buch der Bibel kein sonderbares Anhängsel, sondern eine zwingend notwendige Vervollständigung. Die Endgeschichte wird eingebunden in die gesamte Heilsgeschichte. Auch gelingt Lan­genberg die Verknüpfung der zwei Heilslinien: Israel und die Ge­meinde Jesu Christi. Er trennt sie nicht, aber er unterscheidet sie und sieht am Ende ihr Zusammenfinden in jeweils verschiedenen, aber doch aufeinander bezogenen Zukunftsaufgaben. Das ist konse­quent gedacht und überzeugt durch seine innere Logik.

Die Neuausgabe ist nunmehr in vier Teile gegliedert, wobei es sich anbot, die einleitenden Fragen und grundsätzlichen Gedanken zur Of­fenbarung als Teil I zu bündeln. Pastor Erich Lubahn hat noch einen ergänzenden IV. Teil angefügt. Wichtig war mir dabei, die Gliederung in eine logische Abfolge zu bringen. Dies erforderte einige themati­sche Umformulierungen. Inhaltlich wurde nichts verändert.12 Auf den von Langenberg selbst erarbeiteten Aufbau der Offenbarung13 weise ich besonders hin. Wortschöpfungen, die betont Langenbergs Sprach­stil kennzeichnen, sowie andere zentrale Begriffe, versuche ich in ei­nem besonderen Kapitel zu erklären.14

Nun ist es meine Bitte zu Gott, daß die Botschaft des letzten Bu­ches der Bibel durch die wichtige Stimme Heinrich Langenbergs neu zu Gehör gebracht werden kann. Mögen dadurch viele Trost, Wegwei­sung, Hoffnung und den Blick für Gottes großes Endziel gewinnen!

Karl Layer



Teil 1: Grundsätzliches zur Offenbarung15

1. Vorwort des Verfassers zu Teil II

Es ist von entscheidender Bedeutung, von welcher Voraussetzung und inneren Glaubenshaltung aus wir an das Studium der Apokalyp­se16 herangehen. Es ist wohl nicht zuviel gesagt, wenn wir behaupten, daß uns dieses eigenartige, von tiefen Geheimnissen durchzogene Buch nur dann erschlossen wird, wenn unsere innerste Glaubenshal­tung ähnlich derjenigen des Schreibers der Apokalypse ist.

Der Apostel Johannes, den wir als den Autor ansehen dürfen, be­fand sich auf der einsamen Felseninsel Patmos in einer für den Emp­fang der Offenbarung Jesu Christi besonders geeigneten äußeren Lage und inneren Gemütsverfassung. Er schreibt selber dazu: »Ich, Johan­nes, euer Bruder und Mitgemeinschafter in der Drangsal und der Kö­nigsherrschaft und der Geduld in Jesu Christo, wurde in der Insel, die da heißt Patmos, wegen des Wortes Gottes und des Zeugnisses Jesu« (Kap. 1, 9).

Nach dem Bericht des Irenäus wurde Johannes im Jahre 96 n. Chr. während der Christenverfolgung unter Kaiser Domitian nach Patmos verbannt. Er erkannte darin die Führung Gottes, um hier, herausgeris­sen aus seiner Arbeit im kleinasiatischen Gemeindekreis um Ephesus herum, in stiller Abgeschiedenheit die als »Wort Gottes und Zeugnis Jesu« bezeichneten Gesichte zu empfangen. Wort Gottes und Zeugnis Jesu bilden den Inhalt des erweiterten prophetischen Gesichtsfeldes in der Apokalypse. Der Ausdruck »das Wort Gottes« umfaßt den ganzen göttlichen Heilsplan, und »das Zeugnis Jesu« bezieht sich auf dessen innersten Kern, den Geist der Weissagung (vgl. Kap. 19, 10).

Patmos gegenüber auf dem asiatischen Festland lag die Stätte seiner eifrigen Tätigkeit. Die Sorge um die geliebten, nun führerlos gewor­denen Gemeinden beschwerte sein Herz. Was wird in dieser so schwe­ren, dunklen Zeit aus der Gemeinde Gottes? Dies war die Frage, die sein Innerstes bewegte. Er war der einzige Überlebende von den Apo­steln des Herrn, der das Hirtenamt für die Gesamtgemeinde verwalte­te. Noch immer schaute er aus nach der so sehnlich erwarteten Wie­derkunft des Herrn. Dabei mußte ihn die überhandnehmende Ver­derbnis innerhalb der Gemeinden schwer niederdrücken. Menschlich gesehen war die allgemeine Lage nicht hoffnungsvoll. Und gerade in einer solchen Zeit, unter solch deprimierenden Erfahrungen wurde er innerlich zubereitet für den Empfang einer so tiefen und überaus herr­lichen Offenbarung, einer weiteren Enthüllung der Geheimnisse in den Heils- und Regierungswegen Gottes.

Johannes nennt dieses Erleben ein Werden (V. 9), und zwar ein »Werden im Geist« (V. 10). Dieses Werden steht im inneren Zusam­menhang mit dem Werden der Gesamtgemeinde. Deshalb nennt er sich: »euer Bruder und Mitgemeinschafter in der Drangsal und der Königsherrschaft und der Geduld Jesu«. Drangsal, Königsherrschaft und Geduld Jesu bilden eine wunderbare Einheit in der für den Offen­barungsfortschritt erforderlichen Konzeption.

So ähnlich erging es auch dem Apostel Paulus, dem Vorgänger des Johannes auf dem asiatischen Arbeitsfeld. In den tiefsten Tiefen des Zerbruchsweges erhielten beide Knechte des Herrn die köstlichsten Offenbarungen über die herrlichen Fernziele Gottes in der Berufung der Gemeinde. Paulus mußte erst der Gefangene Christi Jesu für die Nationen werden (vgl. Eph. 3, 1), um mit der Verwaltung des Ge­heimnisses in bezug auf das Berufungsziel der Gemeinde betraut zu werden. Es handelt sich bei Paulus und Johannes im Grunde um dasselbe Geheimnis, wie Gott mit der Gemeinde trotz aller satanischen Gegenarbeit und trotz aller menschlichen Unzulänglichkeit dennoch sein Ziel erreicht. Dieses Ziel ist nach Paulus das Erfülltwerden in die ganze Gottesfülle hinein (Eph. 3, 19) durch die Wirksamkeit der Macht der Stärke Gottes, die er energisch wirksam gemacht hat in dem Christus, ihn auferweckend aus Toten, und ihn setzend zu seiner Rechten in den Himmlischen (Eph. 1, 19.20).

Bei Johannes ist es ein neues Schauen der Herrlichkeit Jesu Christi. In seinem Evangelium heißt es: »Wir schauten seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des Einziggezeugten vom Vater voller Gnade und Wahrheit« (Joh. 1, 13), und diese Herrlichkeit wurde anschaulich in den Zeichen, die Jesus tat (Joh. 20, 30. 31). In der Apokalypse wurde ihm dann die Enthüllung oder Offenbarung Jesu Christi in seiner Richter- und Königsherrlichkeit gezeigt.

Wenn wir die Apokalypse nicht hätten, würde eine fühlbare Lücke in der Gesamtoffenbarung der Heiligen Schrift vorhanden sein, und weil das inspirierte Gotteswort ein vollkommener, lebendiger Orga­nismus ist, würde eine solche Lücke den ganzen wunderbaren Körper in seinen Lebensfunktionen empfindlich stören. Der lückenlose Aufbau des gesamten göttlichen Schrifttums durch den kontinuierlichen Zusammenhang der fortschreitenden Offenbarung ist deshalb der schlagendste Beweis für die Einzigartigkeit der gottgehauchten Heili­gen Schrift.

Diese Lückenlosigkeit entdecken wir, wenn wir beim Forschen in der Schrift die Methode der geraden Linien beobachten (vgl. 2. Tim. 2, 15). So bekommt auch die Gemeindelinie erst durch die Apokalypse ihren völlig befriedigenden Abschluß. Die Gemeinde in der Apokalypse nicht sehen wollen, würde daher bedeuten, dem lebendigen Organismus eins seiner wich­tigsten Glieder abzuschneiden.

Auch die Methode der extremen Futuristen unter den Auslegern,17 das ganze Geschehen in der Apokalypse in den zukünftigen Tag des Herrn, wie sie Kapitel 1, 10 falsch deuten, zu verlegen, kann keines­wegs befriedigen, da man dann mit den in den sieben Sendschreiben genannten Gemeinden nichts anzufangen weiß. Zu behaupten, daß es sich bei ihnen um zukünftige, judenchristliche Reichsgemeinden handle, die etwa erst im Tausendjährigen Reich ihren Platz und ihre Mission hätten, ist doch völlig irreführend.

Daher dürfte der Versuch, den Königspriesterdienst der Überwindergemeinde18 als das große Thema der Apo­kalypse nachzuweisen, eine glückliche Lösung der Frage sein, was die Gemeinde mit der Apokalypse zu tun habe. Es wird nicht nur die fühlbare Lücke ausgefüllt, sondern es wird uns auch darüber hinaus eine großartige Perspektive über die konkreten Nah- und Fernziele Gottes mit der Gemeinde geschenkt.

Voraussetzung für das rechte Verständnis der Apokalypse ist ein ge­wisses Vertrautsein mit der eigenartigen Zeichensprache in dieser Buchrolle. Darauf werden wir gleich im Anfang ausdrücklich auf­merksam gemacht, wenn wir lesen: »Offenbarung Jesu Christi, wel­che Gott ihm gibt, zu zeigen seinen Knechten, was geschehen muß in Schnelligkeit, und er tut es in Zeichen seinem Knecht Johannes kund, indem er es durch seinen Engel sendet« (Kap. 1, 1).

Diese prophetische Zeichen- oder Symbolsprache stammt mit ih­rem großen Bilderreichtum aus der alttestamentlichen prophetischen Sprache. Es ist daher unerläßliche Voraussetzung, diese besondere Sprache eingehend zu studieren und dabei die geraden Linien von den prophetischen Schriften bis hindurch zur Apokalypse zu ziehen. Ein praktisches Hilfsmittel ist das vom Verfasser herausgegebene Nach­schlagewerk: »Die prophetische Bildsprache der Apokalypse«.19

Lassen wir uns nun durch den Geist Gottes leiten und in das große Thema und Anliegen der Buchrolle hineinführen, indem wir gewis­senhaft uns an den Wortlaut des Urtextes halten, selbst auf die Gefahr hin, bei der wortgetreuen Wiedergabe die Schönheit der deutschen Sprache nicht genügend zu berücksichtigen. Es geht uns nur um das eine, nachzuweisen, was wirklich geschrieben steht.

2. Vorwort des Verfassers zu Teil III

Beim Auffinden des großen Themas und der Disposition der Apoka­lypse sind wir in der glücklichen Lage, daß uns der Schreiber klare, leicht erkennbare Anhaltspunkte gibt. Wir sind gut beraten, wenn wir ganz einfach uns durch dieselben leiten lassen, anstatt allerlei künstli­che Versuche zu unternehmen, das geheimnisvolle Buch zu entschlüs­seln. Es wäre von vornherein ein verfehltes Unternehmen, würden wir beim Studium des Gesamtplanes im Aufbau dieses wunderbaren Kunstwerkes von irgendeiner vorgefaßten Meinung oder einem untergeordneten Teilstück des Ganzen ausgehen.

Gleich das erste Wort: »Apokalypse Jesu Christi«, die Überschrift, zeigt uns das große Thema des Buches an. Jesus Christus ist Gegenstand und Inhalt der Apokalypse. Es handelt sich um das große Werden bis zur Weltvollendung, wie es mit der Offenbarung (Enthüllung) Jesu Christi verbunden ist. Die Apokalypse ist kein Orakelbuch, in welchem geschichtliche Ereignisse voraus verkündigt werden, sondern die Knechte Gottes sollen Einblick und Verständnis gewinnen für das Werden alles dessen, was mit Welt­erneuerung und Weltvollendung zu tun hat, und daß das Geheimnis dieses Werdens in der Enthüllung Jesu Christi selbst liegt. In dem Maße, wie die Enthüllung Jesu Christi entwicklungsmäßig erfolgt, schreitet das Werden bis zu dem am Schluß des Buches gezeigten Ziel voran: dem neuen Himmel und der neuen Erde (Kap. 21, 1). Auf dem Weg bis zu diesem Ziel erkennen wir deutlich drei aufeinanderfolgende Stufen der Offenbarung Jesu Christi:

Die Enthüllung Jesu Christi als Menschensohn in seiner Richter­herrlichkeit, wandelnd unter den sieben goldenen Leuchtern;

die Enthüllung Jesu Christi als Löwe und Lamm in Verbindung mit der Lösung des Geheimnisses Gottes in seiner Weltregierung;

die Enthüllung Jesu Christi als Königbräutigam20 und die Wieder­herstellung Israels.

So haben wir nicht nur das Thema, sondern auch die drei großen Tei­le der Disposition. Es sieht scheinbar alles ganz einfach aus, und doch dürfen wir uns nicht zu der Annahme verleiten lassen, als sei es nun ein ganz Leichtes, von hier aus die vielen Rätsel zu lösen, die das Buch ohne Frage enthält. Wir können auch nicht einfach voraussetzungslos an das Erforschen dieser Schrift in der Erwartung herangehen, daß uns die Rätsel schon gelöst werden, wenn wir uns nur redlich darum bemühen. Es muß mindestens zweierlei vorausgesetzt werden:

eine gewisse Kenntnis des prophetischen Totalbildes21 und ein Vertrautsein mit der Methode der geraden Linien.

Letztere ziehen sich durch die ganze Heilige Schrift hindurch. Nach 2. Timotheus 2, 15 ist es geradezu das Kennzeichen eines bewährten Arbeiters, der sich nicht zu schämen hat, daß er das Wort der Wahrheit gerade schneidet, d. h., daß er gerade Linien durch das Wort der Wahrheit zieht. Das Resultat einer solchen schriftgemäßen Methode wird unsere Vermutung rechtfertigen, daß in der Apokalypse die End­punkte gewisser geraden Linien gefunden werden, die ihren Ursprung in der alttestamentlichen Prophetie haben. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit und Pflicht, sich eine genügende Kenntnis des propheti­schen Totalbildes zu verschaffen. In diesem Punkt ist viel gefehlt wor­den, und manche Erklärung der Apokalypse wurde daher zur Fehl­deutung.

Wohl kann man auch ohne diese Voraussetzungen einzelne Worte und Verse aus der Apokalypse erbaulich auslegen nach dem Maß der persönlichen Heilserkenntnis, aber immer auf die Gefahr hin, subjektiv das Wort zu biegen und für sich annehmbar zu machen. Kein Buch der Heiligen Schrift ist aber weniger zu solcher Verwertung geeignet als gerade die Apokalypse. Sie fordert von uns mit unerbittlicher Strenge ein gewissenhaftes, gründliches und nicht ganz müheloses Studium un­ter ernstlichem Flehen um die Leitung des Heiligen Geistes.22

3. Überblick über die Geschichte der Deutungen der Offenbarung23

Man hat sich durch all die Jahrhunderte hindurch unendlich viel Mühe gegeben, in die Geheimnisse dieses Buches einzudringen. Wir tun gut daran, uns das Ergebnis aller ernsten Forschung zunutze zu machen und nun eifrig weiter zu forschen, und zwar in der Erkenntnis, daß auch hierin ein Gesetz der Entwicklung herrscht. Je mehr wir dem Ab­schluß dieses Äons zueilen, desto mehr Licht schenkt uns der Herr auch über dieses Buch. Dabei dürfen wir wahrnehmen, daß das zu-nehmende Licht der Erkenntnis nicht ein Vorrecht einzelner Men­schen ist, sondern ein Gnadengeschenk Gottes für die ganze Gemeinde der Endzeit. Dies beachtend bleiben wir in der Demut und rühmen uns nicht besonderer Weisheit, wenn wir es wagen, etwas zu dem bes­seren Verständnis der Apokalypse zu sagen.

Es wäre hochinteressant und lehrreich, eine Geschichte der Deu­tungen der Apokalypse zu schreiben, um nachzuweisen, wie das Ver­ständnis dieses Buches jeweils entscheidend von dem geschichtlichen Standort des Beurteilers beeinflußt worden ist. Jeder hat versucht, von seiner Zeit und seinem geschichtlich begrenzten Horizont aus in das Geheimnisvolle dieses Buches einzudringen, so daß man aus der Ge­schichte der Deutungen rückschließend einen tiefen Einblick in das Werden der Gemeinde überhaupt gewinnen kann. Wir müssen uns hier jedoch darauf beschränken, nur die wichtigsten Entwicklungsstu­fen anzudeuten.

Die erste Stufe ist die der Urchristenheit und der sich daran anschließenden Zeit der Verfolgungen bis auf Kaiser Konstantin den Großen, also die drei ersten Jahrhunderte umfassend. Die Einstellung der urchristlichen Gemeinde war stark endgeschichtlich. Man lebte in der gespannten Erwartung der baldigen Wiederkunft des Herrn und der Aufrichtung seines messianischen Herrlichkeitsreiches. Mit der zunehmenden Verweltlichung änderte sich jedoch vieles – auch die Ein­stellung zur Apokalypse. Die Erwartung des zukünftigen Königreichs des Christus verblaßte immer mehr, und man lebte sich in den Gedan­ken ein, jetzt schon auf Erden das Reich Gottes zu bauen. Führend nach dieser Seite hin war der Kirchengeschichtsschreiber Eusebius, ein Zeitgenosse Konstantins.

Die zweite Stufe finden wir in der Zeit der byzantinischen Staatskirche. Die Verfolgungen waren vorbei. Das Christentum war anerkannte Staatsreligion geworden. Dieser gewaltige äußere Sieg wurde allerdings mit einer allgemeinen Verflachung des christlichen Lebens erkauft. Eusebius lehrte, daß das Tausendjährige Reich bereits mit dem ersten Kommen Christi angebrochen sei. Mit Ablauf der tausend Jahre werde der Antichrist auftreten und das Weltende hereinbre­chen. Durch Augustin wurde diese Anschauung theologisch verarbei­tet und in der Kirche Allgemeingut (siehe sein Werk: De Civitate Dei, d. h. Über den Gottesstaat). Die in Offenbarung Kap. 6 erwähnten Reitervisionen bezog man auf die Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n. Chr., und die übrigen Visionen suchte man, so gut es ging, zeitge­schichtlich zu deuten. Von der Struktur der Apokalypse glaubte man im allgemeinen, daß es sich bei den verschiedenen Bilderreihen (Sie­gel, Posaunen, Zornschalen) um Wiederholungen derselben ge­schichtlichen Ereignisse (recapitulatio = Wiederholung) unter ver­schiedenen Gesichtspunkten handle. Durch die von Origenes eingeführte allegorisierende Auslegung24 wurde dann auch noch das wahre Verständnis des prophetischen Realismus mehr und mehr verdunkelt.

Mit dem Ablauf des ersten und dem Anbruch eines neuen Jahrtau­sends trat ein entscheidender Wendepunkt in der Deutungsgeschichte der Apokalypse ein: die dritte Stufe. Das gegenwärtig geglaubte Tausendjährige Reich neigte sich seinem Ende zu. Die allgemeine Spannung war groß. Als aber das Weltende nicht eintrat, erfolgte eine Erschlaffung. Man half sich, indem man die Zahl tausend symbolisch auf eine unbestimmt lange Zeit umdeutete. Die historisch-allegori­sche Deutungsmethode wurde vorherrschend. Dabei hatte die religiö­se Phantasie ein weites und freies Spielfeld. Der Mißbrauch der apoka­lyptischen Bilder zu willkürlichen Deutungen im Interesse irgendeines kirchlichen Parteizweckes nahm in der katholischen Papstkirche mehr und mehr überhand.

Neben der offiziellen großen Weltkirche bestanden aber zu allen Zei­ten viele kleine lebendige Kreise von Gläubigen, die zur Apokalypse eine ungebrochene Stellung einnahmen und vor allem den endge­schichtlichen Charakter ihrer Visionen erkannten. Diese Kreise wurden von der offiziellen Staatskirche als Sektierer, Schwärmer, Chiliasten abgestempelt und verfolgt. Wenn diese Kreise (Franziskaner, Katharer, Apostoliker, Waldenser, Wiclifiten, Hussiten) durch den Druck der Ver­folgung auch manches Schwärmerische zeigten, so waren sie doch im allgemeinen die treuen Hüter der biblischen Eschatologie. Sie sahen durchweg im römischen Papsttum das Reich des Antichristen.

Die Reformation brachte keine wesentlichen Fortschritte, doch rech­nen wir von dieser Zeit an die vierte Stufe in der Deutungsge­schichte der Apokalypse. Sowohl Luther als auch Calvin hatten wenig Liebe zu diesem Buch. Luther sagte: »Mein Geist kann sich in das Buch nicht schicken.« Beide lehnten alle endgeschichtlichen, chiliasti­schen Deutungen scharf ab. Während der Papst den Hohenstaufenkai­ser als das Tier aus dem Abgrund bezeichnete, erklärte Luther den Papst als den Antichristen und Mohammed als den falschen Prophe­ten. Calvin schloß sich diesem Urteil an. Das bessere Verständnis für die Apokalypse ruhte jahrhundertelang. Ein lebendiges Interesse für sie wurde jedoch in den von der Kirche verketzerten Kreisen gepflegt, die unter dem Sammelnamen Wiedertäufer bekannt wurden. Sie besa­ßen in ihrer Mitte außerordentlich wertvolle Erkenntnisgüter.25

Mit dem Erwachen neuen geistlichen Lebens durch den Pietismus bekam die Auslegung der Apokalypse reiche Anregungen und neues Licht. Damit begann die fünfte Stufe. In ihr wurde die endge­schichtliche Schau wieder lebendig. Von der messianischen Reichszu­kunft erwartete man bessere Verhältnisse und die Lösung aller drückenden Zeitprobleme. Spener, Bengel, Oetinger, Jung-Stilling wirkten führend und bahnbrechend. Man versuchte vielfach, die Zahlensym­bolik zu deuten und Berechnungen anzustellen. So berechnete z. B. Bengel den Beginn des Tausendjährigen Reiches und setzte dafür den 18. Juni 1836 fest. Oetinger ging ganz in den Anschauungen Bengels auf und suchte diese mit dem System Swedenborgs zu verschmelzen.

Auf die Zeit der pietistischen Bewegung folgte dann eine gewisse Vielseitigkeit in der Deutung der Apokalypse, die sechste Stufe, die bis in unsere Zeit hineinreicht. Es entstand eine reiche Literatur, die alle möglichen Deutungsversuche aufzeigt. Es sind besonders drei Grundrichtungen in der Deutungsmethode zu unterscheiden:

Die zeitgeschichtliche,

die reichsgeschichtliche und

die endgeschichtliche.

Die zeitgeschichtliche Methode deutet die apokalyptischen Bilder auf die Geschichte der damaligen Zeit, d. h. vor allem auf die Zerstörung Jerusalems und den Untergang des alten, heidnischen römischen Weltreiches.

Die reichsgeschichtliche Methode verteilt die einzelnen Visionen auf die verschiedenen Entwicklungsstufen der Kirchengeschichte, die teils der Vergangenheit angehören und teils in die Zukunft weisen.

Die endgeschichtliche Methode betrachtet die in der Apokalypse ge­schilderten Ereignisse als noch nicht erfüllt, sondern mit dem künfti­gen Tag des Herrn verbunden.

Letztere Gruppe zerfällt wieder in zwei Unterabteilungen:

Die gemäßigten Futuristen beziehen die drei ersten Kapitel der Apokalypse mit den sieben Sendschreiben auf die Gegenwart, alles an­dere aber lassen sie erst mit der Erscheinung Christi am Tage des Herrn seine Erfüllung finden.

Die extremen Futuristen verlegen alles, auch die sieben Sendschrei­ben, als noch zu erfüllen, ins künftige messianische Königreich, in die Zukunft des Tages des Herrn.

In neuester Zeit wird die Gemeinde Gottes, genötigt durch den Gang der großen geschichtlichen Ereignisse und den Fortschritt in der Erkenntnis des prophetischen Wortes, zu einer gründlichen Neuorien­tierung bezüglich der Auslegungsmethode der Apokalypse geleitet. Damit gelangen wir zur letzten oder siebten Stufe. Es kommt dabei zu einer scharfen Scheidung der Geister unter den Gläubigen.

Auf der einen Seite herrscht das Bestreben vor, die außerordentlich schwierigen Zeitereignisse irgendwie in der Weissagung der Apoka­lypse unterzubringen, um für die nächste Zukunft Licht zu erhalten. Dabei ist die Gefahr groß, in den Fehler des Orakelns und Kombinie­rens und willkürlichen Konstruierens zu verfallen.

Auf der anderen Seite versucht man, von der besseren Kenntnis des prophetischen Totalbildes ausgehend, die geraden Linien aufzufinden, die das Ganze des prophetischen Wortes miteinander verbinden, die Linien, die die Schrift selber zeichnet. Die bessere Kenntnis und Wür­digung des prophetischen Wortes in seiner Bedeutung für den Fortschritt in der heilsgeschichtlichen Entwicklung gibt uns heute die Möglichkeit, die klaren, geraden Linien dieses Werdens aufzufinden und bis in ihre Zielpunkte zu verfolgen. Weil die Ausgangspunkte kla­rer erkannt werden, werden auch die Zielpunkte klarer erschaut.

Dies ist der eigentliche Hochweg der Schriftforschung, die das Wort der Wahrheit nicht zerschneidet, sondern durch die geraden Verbin­dungslinien die höhere Einheit der Offenbarung aufzeigt. »Wir müssen die Auslegung an eine sorgfältige Betrachtung der Wurzeln, die diese in den Weissagungen des alten Bundes hat, anknüpfen« (Ebrard).

4. Was das Buch über sich selbst und seine Empfänger aussagt

Das erste Wort heißt Apokalypse. Dadurch wird das ganze Buch in einzigartiger Weise ausgezeichnet und von anderen prophetischen Schriften unterschieden. Wohl bringen diese auch Apokalypse (= Ent­hüllung) der Gedanken und Pläne Gottes, aber sie sind nicht selber Apokalypse. Auch unterscheidet sich die Apokalypse von der sonsti­gen apokalyptischen Literatur des Judentums. Letztere bringt Enthül­lungen über das Weltende in mehr oder weniger phantastischer Form. Das letzte Buch der Bibel bringt uns eine Enthül­lung Jesu Christi, die Gott ihm gibt. Wie aus dem Zu­sammenhang geschlossen werden muß, ist »Jesu Christi« ein genitivus objektivus, d. h. Jesus Christus gibt nicht die Offenbarung, sondern ist selber deren Gegenstand. Gott gibt sie ihm, d. h., Gott ist der Of­fenbarer. Er offenbart Jesus Christus in bisher noch verborgener Art, nämlich in Verbindung mit dem, was bald (in Schnelligkeit oder Kür­ze) geschehen muß. Es ist wichtig zu beachten, daß das bald Gesche­hende mit dem Werden der Enthüllung Jesu Christi in unlösbarer Ver­bindung steht. Er ist der Welterneuerer und Weltvollender. Es sind also nicht die zukünftigen Ereignisse, die uns gleichsam in einem Ora­kel vorher verkündigt werden, sondern es handelt sich um Jesus Chri­stus selbst. Es ist für die richtige Auffassung des ganzen Buches ent­scheidend, daß wir dies bei der Deutung in allen ihren Teilen immer im Auge behalten. »Was bald geschehen muß«. Auch dieses »muß« steht zu der Enthüllung Jesu Christi in enger Beziehung. Das Gesche­hen ist die Auswirkung der Enthüllungen Jesu Christi mit dynami­scher Wucht und unausweichbarer Konsequenz.

In diesen kurzen einleitenden Worten haben wir das übergeordnete, große Thema des Buches: Die Enthüllung Jesu Christi in Verbindung mit der Welterneuerung und Weltvollendung. Dieses Thema wird im Verlauf der Darstellung in drei großen Hauptteilen entfaltet, die durch je ein Mysterium oder Geheimnis gekennzeichnet werden.

Der erste Hauptteil (Kap. 1-3) gruppiert sich um das Geheim­nis der sieben Sterne und zeigt uns die Enthüllung Jesu Christi als Men­schensohn in seiner Richterherrlichkeit inmitten der sieben goldenen Leuchter, d. h. Gemeinden. Das Wirken des erhöhten Menschensoh­nes inmitten der sieben Gemeinden, womit die Gesamtheit der Ge­meinde umfaßt wird, ist das des Durchrichtens und der Zubereitung für den speziellen Dienst im künftigen Königreich des Christus. Das geht aus den sieben Sendschreiben hervor, die zwei durchlaufende Li­nien aufzeigen,

die Verfallslinie und

die Überwinderlinie.

Es handelt sich also um die Herausbildung der Überwindergemein­de als das Zentralorgan des Christus zur Durchführung der Weltvol­lendungsaufgabe.

Der zweite Hauptteil (Kap. 4, 1-11, 14) gruppiert sich um das Geheimnis Gottes (Kap. 10, 7), wie er es verkündigt hat seinen Knechten und Propheten. Es handelt sich dabei um das Zentralthema der ganzen Prophetie des Alten und Neuen Testaments, nämlich um die Durchführung der Gottesherrschaft. Das Geheimnis liegt in der ganz besonderen Art der Durchführung, die mit menschlichen Maß­stäben nicht gemessen werden kann. Das wird angedeutet durch die Enthüllung Jesu Christi als Löwe und Lamm (Kap. 5, 5. 6). Das Lamm empfängt die Buchrolle und ist allein würdig, diese aufzutun und die Siegel zu brechen, also das, was in der Buchrolle als versiegelt noch verborgen ist, zur geschichtlichen Durchführung zu bringen. Diese verläuft in drei Siebenheiten: sieben Siegel, sieben Posaunen und sie­ben Donner.

Der dritte Hauptteil (Kap. 11, 15-22, 5) gruppiert sich um das Geheimnis Babylons (Kap. 17, 5). Das Zentralbild in diesem Teil ist das Weib, Israel. Israel ist zur großen Hure geworden und hat die Rol­le Babels übernommen. Sie reitet auf dem Tier, d. h., die von Gott abgefallenen Juden beherrschen das letzte antigöttliche Weltreich. Wir lesen hier die Weltgeschichte im Licht des prophetischen Wortes. Hier wird Jesus Christus enthüllt als der Königbräutigam (Kap. 19, 11-13), der die Herrschaft, die die große Hure an sich gerissen hat (vgl. Jes. 47, 7 f), ihr entreißt und seine eigene Königsherrschaft durchführt.

Wie nun aus der großen Hure die Braut, das Weib des Lammes wird, das ist die Lösung des heiligen Rätsels. Es kommt zur Empö­rung aller gottfeindlichen Mächte und Herrschaften, dargestellt unter dem Bild von Tieren, die von Satan selbst gelenkt werden. Sie erlan­gen in Verbindung mit dem abtrünnigen Israel ihre Ausreifung und finden im Kampf gegen das gläubige Israel ihren Untergang: durch die sieben Zornschalengerichte.

Das Ziel all dieser furchtbaren Gerichte ist aber nicht Vernichtung, sondern Heil. Der Triumph der Gnade ist die Wiederherstellung Israels und die Erfüllung seines ursprünglichen Weltmissionsberufs. Dies war schon die Perspektive der alttestamentlichen Propheten, daß Jahwe sich des ehebrecherischen Israel wieder annehmen und seine Heilsab­sichten mit der ganzen Welt durch das wiederhergestellte Bundesvolk durchführen würde. Einzig neu in dieser Schau ist jetzt die Mitwir­kung der aus Israel und allen Nationen herausgerufenen und in der Schule des erhöhten Christus zu ihrem Königspriesterdienst bis zur Weltvollendung erzogenen Überwindergemeinde. Ist Israel als Volk der Angelpunkt der Weltgeschichte, so ist die Überwindergemeinde das innerste Geheimnis der Of­fenbarung Jesu Christi. Dies nicht sehen wollen ist nicht nur Unverstand, sondern geradezu eine Verschuldung an »den Worten des Buches dieser Weissagung« (vgl. Kap. 22, 19).

Als Empfänger der Apokalypse werden direkt Johannes und durch ihn die sieben kleinasiatischen Gemeinden bezeichnet (Kap. 1, 1. 11). Jo­hannes hat »das Wort Gottes und das Zeugnis Jesu Christi, alles was er sah« bezeugt, also an die Gemeinden weitergegeben. Bestimmt ist die Apokalypse für solche, die der Herr im besonderen Sinne »seine Knechte« nennt. Diesen Ausdruck nur auf Israel zu beziehen, wäre eine Fehldeutung; denn das damalige Israel konnte nicht so genannt werden. Es war auch nicht imstande, die Apokalypse zu empfangen und diese für das wiederhergestellte Israel der Endzeit aufzubewahren. Das wäre für die damaligen Empfänger unbegreiflich gewesen. Wohl ist das gläubige Israel »der Knecht Jahwes« im besonderen heilsge­schichtlichen Sinne (vgl. Jes. 49, 3), aber erst recht sind die Glieder der Leibesgemeinde Knechte Jesu Christi, insofern sie sich als Über­winder für den künftigen Dienst als Königspriester zubereiten lassen.

Johannes nennt sich zuerst »sein Knecht«, ähnlich wie der Apostel Paulus, wenn es sich um den Dienst handelt. Söhne sind die Glieder der Leibesgemeinde als vom Geist Geführte und Erzogene (vgl. Röm. 8, 14). Die vollendete Überwindergemeinde, die herangereift ist zum erwachsenen Mann, zum Maß des Vollwuchses der Fülle des Christus (Eph. 4, 13), wird in Offenbarung 12, 5 als der neugeborene Sohn bezeichnet. So finden wir in der Apokalypse beide Begriffe: Knecht und Sohn.

5. Die Eigenart der prophetischen Schau

»Ich wurde in Geist an dem dem Herrn gehörenden Tage« (Kap. 1, 10, nach dem Urtext, vgl. auch die Elberfelder Bibel in der Fußnote zu dieser Stelle). Es heißt nicht, daß Johannes im Geist oder durch den Geist in den zukünftigen Tag des Herrn versetzt war. Diese Deu­tung enthält zwei irreleitende Fehler.

Einmal kann »ich wurde in Geist« nicht so aufgefaßt werden, als ob Johannes im Geist versetzt oder entrückt wurde. Wenn das gemeint wäre, dann müßte das deutlich gesagt sein, wie in 2. Korinther 12, 2-4. Es handelte sich nicht um eine Entrückung im Geist, sondern um ein »Werden« in oder vermittelst Geist (egenomän = ich wurde). Jo­hannes erreichte in diesem seinem »Werden in Geist« die Stufe einer Schau, auf welcher er die Wirklichkeit Gottes erlebte, wie die Welt von Gott aus gesehen und beurteilt wird, d. h. von dem dem Herrn gehö­renden Tage aus.

Der Ausdruck: »an dem dem Herrn gehörenden Tage« bezeichnet etwas anderes als »der Tag des Herrn«. Es sind auch im Urtext zwei klar zu unterscheidende Begriffe. Der »Tag des Herrn« (hämera tu kyriu) ist ein Begriff, der sehr häufig in der Schrift vorkommt und den gro­ßen zukünftigen Tag des Zornes Gottes bezeichnet (vgl. Offb. 6, 17). Es ist der große Tag Gottes (Offb. 16, 14). Dieser Tag des Gerichtes bildet den Abschluß des gegenwärtigen Äons.

Etwas ganz anderes ist mit dem dem Herrn gehörenden Tage ge­meint. Dafür ist ein besonderer Ausdruck geprägt (kyriakä hämera), der nur an dieser Stelle vorkommt. Er steht im Gegensatz zu dem menschlichen Tage (anthropinä hämera). Paulus schreibt in 1. Korin­ther 4, 3: »Mir aber ist es das Geringste, daß ich von euch oder von ei­nem menschlichen Tage beurteilt werde; ich beurteile mich aber auch selbst nicht.« Für Tag kann man hier auch Tagung setzen, da es sich um eine Gerichtstagung handelt. Ebenso muß der Ausdruck in Offen­barung 1, 10 verstanden werden. Hier handelt es sich um eine »Ta­gung«, die allein durch den Herrn bestimmt und durchgeführt wird. Dabei hat der Herr allein das Wort, und Er zeigt, was Er vermag, und wie alle Menschen vor Ihm ohnmächtig sind. Dieser Tag oder diese Tagung begann schon mit der Durchrichtung der sieben Gemeinden. Trotz besserer Kenntnis des Urtextes an der Übersetzung mit »Tag des Herrn« festhalten zu wollen, an welchem zukünftigen Tag sich alles abspielen soll, was in diesem Buch der Apokalypse geschrieben ist, ist geradezu unverantwortlich. So dürfen wir mit dem Wort Gottes einer Sondermeinung zuliebe nicht umgehen.

Wie wir aus den Propheten erfahren, gibt es verschiedene Standorte des prophetischen Schauens. Entweder hat der Prophet seinen Standort in der sichtbaren Gegenwart und sucht von hier aus Verlängerungsli­nien in die messianische Heilszukunft hinein zu ziehen. Das ist der Standort des Vorhofs (vgl. Jes. Kap. 1).

Oder der Prophet schaut die trostlose Gegenwart vom Tag des Herrn aus, d. h. alles im Lichte der Heilsvollendung, und zieht die ge­raden Linien von dort aus zurück in die Gegenwart hinein. Das ist der Standort des Heiligtums (vgl. Jes. Kap. 2-5).

Oder der Prophet selbst schaut das ganze Weltgeschehen einzig im Licht der Heiligkeit Gottes. Das ist der Standort des Allerheiligsten (vgl. Jes. Kap. 6).

Diese drei verschiedenen Standorte gehören alle der alttestamentli­chen Haushaltung an.

Neu und dem Charakter der Apokalypse entsprechend ist der Standort des Sehers Johannes. Da wird das große Werden bis zur Weltvollendung vom himmlischen Thron und der dort stattfindenden Tagung aus geschaut, und da hat der erhöhte Christus das Wort. Die ersten drei Standorte sind immer noch erdgebunden, israelitisch bo­denständig, der letzte jedoch ist rein himmlisch. Diesen haben wir in der Apokalypse. Der dritte vom Allerheiligsten aus bildet die Überlei­tung zu dem letzten. Deshalb knüpft die neutestamentliche Prophetie auch an Jesaja 6 an (vgl. Matth. 13, 14 f; Joh. 12, 39 f; Apg. 28,26 f).

Das Schauen des Johannes ist überzeitlich, d. h., von der Ewigkeit her verschwinden Zeitunterscheidungen wie Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Da ist alles Gegenwart, bleibende Wirklichkeit, das Heute, wo wir seine Stimme hören. Ewigkeit ist der vertikale (= senkrechte) Einbruch in die Zeit.

Da gibt es kein »danach« im rein chronologischen Sinn. In Kapitel 1, 19 lesen wir: »Schreibe nun, was du siehst (Aorist), sowohl das, was ist, als auch das, was im Begriff ist zu werden danach.« Dabei ist nicht zu übersehen, daß wir uns in die damalige Zeit zurückversetzen müssen. Das was ist und das was im Begriff ist zu werden, bezieht sich auf das ganze Buch. Der Ausdruck: »danach« (meta tauta = nach die­sem) kommt außer an unserer Stelle Kapitel 1, 19 noch in Kapitel 4, 1; 7, 1. 9; 9, 12; 15, 5; 18, 1; 19, 1 und 20, 3 vor. Aus diesen Stellen ersehen wir, daß es nicht nötig ist, den Ausdruck rein zeitlich, chronologisch zu verstehen. Es ist dem Zusammenhang mehr angemessen, den Ausdruck kausal, d. h. das Folgende als Resultat des Vorhergehenden zu fassen. So vor allem in Kapitel 4, 1: »Danach sah ich, und siehe, eine Tür geöffnet im Himmel.«

Die Herausbildung der Überwindergemeinde ist Voraussetzung für den weiteren Ablauf des vom göttlichen Thron aus gelenkten Weltge­schehens.

Es wäre verkehrt, das ganze Buch in zwei Teile einzuteilen, etwa so, daß die ersten drei Kapitel die Gegenwart und die übrigen von Kapitel 4, 1 an die Zukunft schildern sollen. Es gibt eine Gegenwart und eine Zukunft für alle drei Hauptteile des Bu­ches, sowohl für die Gemeinden im ersten Teil als auch für den Ablauf des Weltgeschehens im zweiten Teil und schließlich für die spezi­elle Geschichte Israels im dritten Teil. Damit kommen wir zur Bespre­chung der eigenartigen Struktur der Apokalypse.26

Schon verhältnismäßig früh hat man in der Deutungsgeschichte der Apokalypse gemeint, eine gewisse zyklische Form der Darstellung in diesem Buch entdeckt zu haben. Man nannte dieselbe recapitulatio, d. h. Wiederholung. Wir haben hier keine chronologische Berichter­stattung, d. h. eine geschichtliche Vorausverkündigung kommender Ereignisse in chronologischer Reihenfolge. Die zyklische Form zeich­net Kreise (Zyklen), die jeweils zu ihrem Anfangspunkt zurückkehren. Ein Kreis liegt im andern, so daß immer weitere Kreise den engeren umschließen. Der Ausdruck »zyklisch« ist jedoch nicht ganz passend, um die Eigenart der Struktur dieses Buches zu schildern. Denn die Li­nien werden nicht zu Kreisen umgebogen, so daß sie zum Ausgangs­punkt zurücklaufen, sondern es sind gerade Linien, die zu einem End­punkt führen. Alle diese Linien laufen gleichzeitig nebeneinander.

Das wird uns in den verschiedenen Hauptteilen so dargestellt, daß diese immer wieder von der Gegenwart ausgehen und zum Abschluß hin auslaufen. Wir haben also einen Parallelismus von geraden Linien. Weil es sich in der Entwicklungsgeschichte aber nicht nur um Linien handelt, sondern um Flächen, d. h. um allseitige, strahlenförmige Ausbreitung der Linien vom Zentrum aus, wie beim Rundfunk, so entsteht jeweils das Bild eines Zyklus.

Alle unsere mathematischen Figuren reichen jedoch nicht aus, um die Wirklichkeit des Geschehens in der Welt zu veranschaulichen. Am geeignetsten ist noch das Bild der geraden Linien, und dieses Bild gibt uns das Wort Gottes selber an die Hand (vgl. 2. Tim. 2, 15).

Alle die verschiedenen Bilder in der Apokalypse sind wie Transpa­rente, die nicht neben-, sondern übereinandergelegt werden. Jedes neue Transparent fügt gewisse Züge oder Striche zu dem vorherigen hinzu. Wenn sie alle aufeinander geschichtet liegen, kann man durch alle bis auf den Grund hindurchsehen, und dann entdeckt man, daß die Hauptlinien in allen einzelnen Transparenten kongruieren, d. h. sich vollständig decken, so daß keine Verzerrung des Gesamtbildes und keine Verwirrung der Linien entsteht. Die einzelnen nach und nach eingezeichneten Nebenlinien oder Ergänzungen vervollständi­gen das Gesamtbild. Die gleichbleibenden Linien beim Durchschauen aller Transparente von oben nach unten oder von unten nach oben sind die geraden Linien, die wir nach 2. Timotheus 2, 15 zu beachten haben.

Wir werden sehen, wie uns diese Veranschaulichung bei unserer weiteren Untersuchung sehr wertvolle Dienste leisten kann. Wir werden entdecken, wie die drei Hauptteile des Buches uns die großen ge­raden Linien liefern und die jeweiligen Einschaltungen zwischen dem sechsten und siebten Teil einer Siebenheit uns sehr wichtige Ergän­zungen bringen. Das Verhältnis der einzelnen Transparente unterein­ander ist das der wachstümlichen Erfüllung, des heilsgeschichtlichen, stufenmäßigen Werdens bis zum Pläroma (= Vervollständigung bis zum Ziel oder Endpunkt) jeder Linie.

Hat man erst diese Gesetze der Konstruktion erkannt, dann wird das Ganze vor unseren Augen zu einem symmetrischen, nach einem kla­ren, durchsichtigen Plan ausgeführten Bau. Dabei sind die sogenann­ten Nebenlinien, d. h. alles was durch die Einschaltungen zwischen dem sechsten und siebten Teil je einer Siebenheit berichtet wird, deswegen so wichtig, weil gerade diese die Verbindungen aufzeigen: die großen genetischen Zusammenhänge, die eigentliche Werdegeschichte der dynamischen Potenzen. Zeit- und Raumschranken werden dabei von der erhabenen prophetischen Perspektive aus mit Leichtigkeit überbrückt. Diese Methode der prophetischen geraden Linien hat gegenüber jeder weltlichen Geschichtsschreibung den großen Vorzug, daß sie die innere Wirklichkeit jeder einzelnen Entwicklungskategorie enthüllt und das Wesen oder den Kern der Sache ins Licht stellt. Die weltliche Geschichtsschreibung bleibt an der äußeren Erscheinung hängen, erforscht Ursache und Wirkung der Handelnden und will praktische Lehren aufzeigen. Die prophetische Schau deckt das Inner­ste auf, ist zielklar und sichert die großen Abschlüsse jeder Linie.27

6. Übersicht über den Aufbau der Offenbarung

Sieben Siebenheiten bestimmen den äußeren Baustil des Buches: sieben Gemeinden (7 Sterne, 7 Leuchter, 7 Sendschreiben); sieben Geister Gottes (7 Feuerfackeln, 7 Augen);

sieben Siegel;

sieben Posaunen;

sieben Donner;

sieben Köpfe (7 Berge, 7 Könige, 7 Diademe);

sieben Zornschalen (7 Plagen).

Innerhalb dieser sieben Siebenheiten unterscheiden wir zwei Haupt­gruppen:

die ersten vier beherrschen den ganzen Lauf der Regierungswege Gottes mit der Welt (Vier ist die symbolische Zahl der Welt);

die letzten drei charakterisieren das Ende der alten Welt durch das Endgericht (Drei ist die symbolische Zahl der Vollendung einer Of­fenbarungsidee Gottes).

Durch die sieben Siebenheiten hindurch kommt es zur Neuschöp­fung von Himmel und Erde.

Die erste Siebenheit (7 Gemeinden) beherrscht das Ganze, wie aus dem Prolog und Epilog des Buches ersichtlich ist, und enthüllt uns das Geheimnis der sieben Sterne.

Die nächsten drei (7 Geister Gottes, 7 Siegel, 7 Posaunen) enthül­len uns das Geheimnis Gottes bis zum prinzipiell vollendeten Sieg der Gottesherrschaft.

Die letzten drei (7 Donner, 7 Köpfe, 7 Zornschalen) enthüllen uns das Geheimnis Babylons und den Sieg des Königbräutigams.

Um die drei Geheimnisse gruppieren sich die drei größeren Hauptteile:

Kapitel 1, 10-3, 22: Das Werden der Überwindergemeinde in ih­rem Königreichsberuf;

Kapitel 4, 1-11, 14: Das Werden des Geheimnisses Gottes im Weltgeschehen;

Kapitel 11, 15-22, 5: Das Werden des neuen Jerusalem aus Gericht und Untergang der alten Welt.

Jeder der drei Hauptteile wird eingeleitet durch gewaltige Offenba­rungen und Szenen, die sich vom Himmel aus bis auf die Erde herab abspielen:

Der erste Hauptteil wird eingeleitet durch die Offenbarung Jesu Christi als Menschensohn in seiner Richterherrlichkeit (Kap. 1, 11 bis 20);

der zweite Hauptteil beginnt mit einer Thronszene (Kap. 4 u. 5) und bringt die Offenbarung Jesu Christi als Löwe und Lamm;

der dritte Hauptteil wird eingeleitet durch das große Himmelszei­chen von der Frau und ihrem neugeborenen Sohn (Kap. 12, 1-5) und bringt die Offenbarung Jesu Christi als Königbräutigam.

Mitten in der Darstellung der himmlischen und irdischen Szenen befinden sich bedeutungsvolle Einschaltungen, die das Gesamtbild be­reichern und zur Erklärung des tieferen Sinnes der Gesichte dienen.28

Das Buch enthält sieben Seligpreisungen (Kap. 1, 3; 14, 13; 16, 15; 19, 9; 20, 6; 22, 7; 22, 14).

In der Apokalypse haben wir vier Doxologien (Lobpreisungen) und drei neue Lieder. Sie sind wie folgt kunstvoll verteilt:

1. Doxologie: auf den Schöpfer, der das Heil durchführt bis zur Welt­vollendung, Kapitel 4, 11;

1. Neues Lied: Zubereitung der Gemeinde für den Königspriester-dienst, Kapitel 5, 9. 10;

2. Doxologie: auf das Lamm als den Heilsvermittler, Kapitel 5, 12-14;

3. Doxologie: die große Schar aus der großen Drangsal, Kapitel 7, 12;

2. Neues Lied: Vollendung der 144 000 Versiegelten, Kapitel 14, 3;

3. Neues Lied: Errettung von ganz Israel und der Nationen, Kapitel 15, 3. 4;

4. Doxologie: großes Halleluja, Hochzeit des Lammes, Kapitel 19, 1-7.

7. Erklärung spezieller Begriffe (Karl Layer)

Apokalypse: Das ist der eigentliche Titel des letzten Buches der Bibel. Apokalypsis und das dazugehörige Zeitwort apokalypto bezeichnen im Neuen Testament das Bekanntmachen eines bisher verborgenen Geheimnisses. Es geschieht eine Enthüllung von etwas bisher Verhüll­tem. Apokalypse Jesu Christi (Offb. 1, 1) meint somit die Enthüllung der Person Jesu Christi, wie sie gerade in diesem Buch in überragender Weise in Erscheinung tritt.

Allegorie, Allegorese: Diese Begriffe verbinden sich in diesem Buch mit dem Namen des Origenes, der in seiner Bibelauslegung hinter dem Wortlaut noch einen verborgenen Sinn entdecken und deuten wollte. Allegorisieren meint, etwas als Sinnbild oder Gleichnis darstellen. Innerhalb der biblischen Linien und Grenzen hat diese Art der Auslegung durchaus ihre Berechtigung. Wenn aber spekuliert und fan­tasiert wird, treibt die Allegorie wunderliche Blüten.

Aorist: Mehrfach erscheint im Buch der Hinweis auf diese in der griechischen Sprache vorhandene Zeitform, die es im Deutschen nicht gibt. Sie hat gerade im Neuen Testament eine eigentümliche Bedeu­tung. So kann der Aorist eine in der Vergangenheit eingetretene abge­schlossene Handlung bezeichnen oder auch das momentan Eintretende. Beispiel: »Mir wurde (in einer bestimmten Stunde) ein Pfahl fürs Fleisch, ein Engel Satans, gegeben (Aorist), damit er mich immer wieder (Gegenwart) mit Fäusten schlüge, und der Herr hat mir gesagt: Meine Gnade reicht (in jedem Augenblick) (Gegenwart) für dich aus« (2. Kor. 12, 7. 8) (Aus: Sprachlicher Schlüssel zum Griechischen Neuen Testament). In diesem Beispiel wird das in der Vergangenheit Vollendete (Pfahl) in seiner Fortdauer in der Gegenwart ausgedrückt. Die Übersetzung ins Deutsche muß gerade beim Aorist mit großer Sorgfalt geschehen.

Chiliasten sind Anhänger des Chiliasmus. Das ist die Erwartung des Tausendjährigen Reiches Christi auf Erden nach seiner Wiederkunft und vor dem Weltende. Chiliade = Zahl von Tausend.

Dynamisch = durch innere Kraft wirkend, selbsttätig.

Potenz = Kraft, Fähigkeit, Mächtigkeit, das bloße Angelegtsein auf etwas hin.

Dynamische Potenz: ein Spezialbegriff Langenbergs, mit dem er die in der Heilsgeschichte zielstrebig wirkenden göttlichen Kräfte umschreibt. Es sind die Kräfte, die Jesus von den Toten auferweckten, die einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen und die schließlich dem ganzen All das neue Leben bringen.

Eschatologie: Mit diesen Begriff bezeichnet man die Lehre von den sogenannten letzten Dingen, die das Endschicksal des einzelnen Men­schen und der Welt betreffen. In der Bibel ist damit all das gemeint, was wir unter dem Begriff »Hoffnungsgut« zusammenfassen können.

Futuristen: Von Futur = Zukunft. Langenberg bezeichnet damit die Ausleger, die das Geschehen in der Offenbarung endgeschichtlich deu­ten.

Genetisch = auf die Entstehung oder Entwicklung bezogen.

Königbräutigam: In der Enthüllung (Offenbarung) der Person Jesu Christi ist dies die Stufe, bei der er sich als »König aller Könige und Herr aller Herren« (Offb. 19, 16) zu erkennen gibt. Als Bräutigam feiert er das »Hochzeitsmahl des Lammes« (Kap. 19, 9) mit denen aus Israel, die sich bereitet, d. h. ihn als Messias erkannt und anerkannt haben.

Königspriesterdienst: Dieser zunächst fremd anmutende Begriff ist eigentlich nur die in einem Wort zusammengefaßte Aussage von Offb. 5, 10: »… und hat sie unserm Gott zu Königen und Priestern ge­macht, und sie werden herrschen auf Erden«. Damit werden die Zu­kunftsaufgaben der vollendeten Gemeinde beschrieben. Es ist die Ver­bindung der zwei Ämter, die Gott schon im Alten Testament auf Men­schen übertragen hat: das Königsamt und das Priesteramt. Der König muß regieren, entscheiden, richten. Der Priester muß als Mittler Gott bei den Menschen und die Menschen bei Gott vertreten. Beide Ämter hat (und wird noch!) Jesus Christus übernommen. Er wird seine (Überwinder-)Gemeinde in seine königlichen und priesterlichen Zu­kunftsaufgaben mit hineinnehmen.

Prophetisches Totalbild: Langenberg geht von der Tatsache aus, daß die Bibel ein einheitliches Ganzes, ein lebendiger Organismus ist. Er liest die Bibel linear. Entsprechend ist seine Auslegung. So erkennt er in den Bildern der Propheten, sowohl im Alten wie auch im Neuen Testament, eine einheitliche Sprache. Er spürt die Linienführungen von Verheißung und Erfüllung auf, die sich durch die ganze Bibel hin-durchziehen. So entsteht ein Gesamtbild der biblischen Prophetie ohne Widersprüche.

Überwindergemeinde: Damit wird keine Sondergemeinde neben der Gemeinde Jesu Christi bezeichnet. Die Überwindergemeinde ist die Gemeinde Jesu Christi (die da ist sein Leib, Eph. 1, 23), allerdings in ihrem ausgereiften Endstadium. Es wird zwischen Geretteten und Ge­krönten unterschieden. Gekrönt werden nur Überwinder.

Werden: Das Hilfszeitwort »werden« ist in diesem Buch mehrfach zum Hauptwort »das Werden« erhoben. Langenberg drückt damit eine heilsgeschichtliche Entwicklung, einen Wachstums- und Reife­prozeß aus, der einen Ausgangs- und Zielpunkt hat.

1Die Textangaben in Teil II und Teil III sind unvollständig, da Langenberg vornehm­lich thematisch und heilsgeschichtlich-linear auslegt.

21977 im Ernst Franz Verlag als Taschenbuch erschienen mit dem Titel: »Was kommt auf uns zu? Apokalyptik – Endzeitfragen«.

3H. Kraft, »Apokalyptik«, RGG1, S. 469. Es spricht für sich, daß das Stichwort »Apokalyptik« in vielen biblischen Lexika nicht einmal erwähnt wird, z. B. in »Bibli­sches Wörterbuch«, 1982 und »Lexikon zur Bibel«, 1969. In letzterem wird lediglich auf die Offenbarung durch Johannes verwiesen.

4H. Ringgren, ebenda, S. 463 f.

5Zum Begriff »Äonen« siehe H. Langenberg: »Die prophetische Bildsprache der Apokalypse«, S. 227 ff., 3. Auflage 1999.

6Im Laufe der Kirchengeschichte hat Gott einzelnen Menschen immer wieder einen apokalyptischen Blick geschenkt. Man nennt ihren Blick auch Zentralschau. Ich nen­ne nur einige Namen wie z. B. Jakob Böhme (1575-1624), Friedrich Christoph Oetin­ger (1702-1782), Johann Friedrich Oberlin (1740-1826), Michael Hahn (1758-1819). Durch den letztgenannten ist die pietistische Hahnsche Gemeinschaft entstanden.

7Auf die Dreidimensionalität der biblischen Welt und die dabei notwendige Gei­sterunterscheidung gehe ich besonders ein in: Erich Lubahn, »Auf der Suche nach der unsichtbaren Wirklichkeit« – die Notwendigkeit der Geisterunterscheidung, S. 77, Christliches Verlagshaus Stuttgart, 1998, 3. Auflage.

8Walter Nigg, »Das Buch der Ketzer«, Zürich, 1949 mit späteren Neuauflagen, S. 9.

9Otto Michel, »Die hebräischen Wurzeln des Neuen Testaments«, in: Joachim Cochlovius / Peter Zimmerling (Hg.), »Ev. Schriftauslegung«, Wuppertal, 1987, S. 412.

10Fr. Chr. Oetinger, »Heilige Philosophie«, Ernst Franz Verlag, Band III: »Zeugnisse der Schwabenväter«.

11Vgl. Erich Lubahn, »Apokalyptik als Thema der Theologie«, in: »Lebendige Hoff­nung«, Christliches Verlagshaus Stuttgart, 1996.

12Ich habe mir lediglich sprachliche Glättungen und als Sperrdruck erscheinende Hervorhebungen erlaubt. Alle kursiv gedruckten Stellen stammen vom Autor.

13Siehe 1/6.

14Siehe 1/7.

15Vgl. dazu: Erich Lubahn, Otto Rodenberg, »Lebendige Hoffnung. Apokalyptik als zentrales Thema der Theologie«, mit Beiträgen von Otto Betz, Joachim Cochlovius, Otto Michel und Dieter Sackmann. Christl. Verlagshaus Stuttgart, 1996,4. Aufl.

16Siehe dazu I/7: Erklärung spezieller Begriffe.

17Sie sehen die Offenbarung nur als Zukünftiges.

18Siehe dazu I/7 und II/1.

19Dieses Werk wird zum besseren Verständnis der vorliegenden Arbeit dringend empfohlen. Hilfreich ist auch Langenbergs »Biblische Begriffskonkordanz«. Beide Werke sind im Ernst Franz Verlag erschienen.

20Siehe dazu I/7.

21Siehe dazu I/7.

22H. Langenberg, »Die prophetische Bildsprache der Apokalypse«. Eine Erklärung sämtlicher Bilder der Offenbarung, 311 Seiten, Ernst Franz Verlag.

23Vgl. dazu Otto Betz, »Apokalyptik«, im Großen Bibellexikon Brockhaus, S. 69 ff. Hartmut Gese, »Anfang und Ende der Apokalyptik« in »Vom Sinai zum Zion«, Mün­chen 1984, S. 202 ff. Gerhard Maier, »Johannesoffenbarung und die Kirche«, Tübin­gen 1981. Heinzpeter Hempelmann, »Roter Faden Offenbarung – Siehe, ich komme bald«, R. Brockhaus 1994. Paul Müller, »Auslegung der Offenbarung«, Stuttgart 1973. Berthold Burgbacher, »Die Offenbarung des Johannes nach der Auslegung von Johann Albrecht Bengel« (1687-1752), Ernst Franz Verlag 1975.

24Siehe dazu I/7.

25Johann Albrecht Bengel (1687-1752) war ein bedeutender evangelischer Theologe, der die Offenbarung durch Johannes aus der Vergessenheit ins Licht rückte. Siehe »Die Offenbarung des Johannes nach der Auslegung von J.A. Bengel«, a.a.O. In we­sentlichen Linien stimmt H. Langenberg mit Bengel überein. J.A. Bengel bezeichnete die Offenbarung als Schlüssel zum Himmel. S. 18 ff.

26Heinrich Langenberg hat bei allem, was er hier und in der ganzen Abhandlung schreibt, das »hebräische Denken« verarbeitet. Das war auch das grundsätzliche Den­ken Jesu und aller neutestamentlichen Schreiber. Wir Abendländer neigen dazu – auch wenn es uns keineswegs immer bewußt ist–, das griechische Denken in die Erklärung der Bibel hineinzutragen. Zu diesem Problem siehe: Erich Lubahn und Otto Roden­berg, »Von Gott erkannt – Gotteserkenntnis im hebräischen und griechischen Den­ken«, Christl. Verlagshaus, Stuttgart 1996,4. Aufl.

27Vgl. dazu: Heinz Schumacher, »Das Drama der Äonen – Die Heilsgeschichte auf Grund der Bibel allgemein verständlich«, Paulus Verlag Karl Geyer, Heilbronn 1968.

28H. Langenberg spricht in diesem Absatz von »himmlischen und irdischen Szenen«. Dabei geht es um himmlische Anbahnungen und deren irdische Vollzüge. Es handelt sich um die sieben Gottesgerichte (Offb. 4-19):

1a) Blick in den Himmel: Empfang der versiegelten Buchrolle durch das Lamm Got­tes und Lobpreis der gesamten Schöpfung (4 u. 5).

1b) Blick auf die Erde: Siegelgerichte und 144 000 Versiegelte (6, 1-7, 8).

2a) Blick in den Himmel – Die unzählbar große erlöste Schar und die Eröffnung des 7. Siegels (7, 9-8, 6).

2b) Blick auf die Erde: Posaunengerichte (8, 7-9, 21).

3a) Blick in den Himmel: Mehrere Engelbotschaften (10).

3b) Blick auf die Erde: Plagen über die Erde in den Tagen der zwei Zeugen (1260 Tage = 1. Hälfte der 70. Jahrwoche) (11, 1-14).

4a) Blick in den Himmel: Übernahme der königlichen Gewalt durch den Messias Je­sus, Geburt eines Knäbleins und Sturz des Satans (11, 15-12, 12)

4b) Blick auf die Erde: Drache und Tier drangsalieren die Erde. (42 Monate = 2. Hälf­te der 70. Jahrwoche) (12, 13-13, 18).

5a) Blick in den Himmel: 144 000 erkaufte Erstlinge, mehrere Engelbotschaften und Engeldienste, Lied der Überwinder (14, 1-16, 1).

5b) Blick auf die Erde: Zornschalengerichte (16, 2-21).

6a) Blick in den Himmel: Engel beschreiben und preisen das Gericht über Babylon (17-19, 5).

6b) Blick auf die Erde: Gericht über Babylon (17-19, 5).

7a) Blick in den Himmel: Die Hochzeit des Lammes und die Wiederkunft Jesu Christi als König und Richter (19, 6-18).

7b) Blick auf die Erde: Das Gericht des wiederkommenden Königs aller Könige über das Tier und seine gesamte Gefolgschaft (19, 19-21).

Vgl. Heinz Schumacher, »Durch Gottesgerichte zum Gottesreich«, Paulus Verlag, Heilbronn 1978.